Nachfolgend ein Beitrag vom 3.9.2018 von Steinhauff, jurisPR-SteuerR 35/2018 Anm. 1

Leitsatz

Dem Erwerber eines Anteils an einer Personengesellschaft kann die Mitunternehmerstellung bereits vor der zivilrechtlichen Übertragung des Gesellschaftsanteils zuzurechnen sein. Voraussetzung dafür ist, dass der Erwerber rechtsgeschäftlich eine auf den Erwerb des Gesellschaftsanteils gerichtete, rechtlich geschützte Position erworben hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann, und Mitunternehmerrisiko sowie Mitunternehmerinitiative vollständig auf ihn übergegangen sind (Anschluss an BFH, Urt. v. 22.06.2017 – IV R 42/13 – BFHE 259, 258).

A. Problemstellung

Der BFH bestätigt die Voraussetzungen, unter denen wirtschaftliches Eigentum an einem Mitunternehmeranteil anzunehmen ist, aufgrund der im Ergebnis zutreffenden Gesamtwürdigung der konkreten Umstände des Streitfalls durch das Finanzgericht.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die ehemalige A-GmbH & Co. KG (A-KG) wurde 2002 im Wege des Formwechsels in die H-GmbH umgewandelt, die 2004 mit der I-Verwaltungsgesellschaft mbH verschmolzen wurde. Letztgenannte GmbH wurde 2004 mit der K-AG und diese 2014 mit der Beigeladenen, der P-GmbH, verschmolzen. Komplementärin der A-KG war im Streitjahr 2000 die V-GmbH. Kommanditisten waren die B-KG, die im Jahr 2008 auf die Klägerin zu 1), die C-GmbH & Co. KG, verschmolzen wurde, der Kläger zu 2) (D), die Klägerin zu 3) (E) sowie F und G. Die Kommanditisten waren mit Anteilen in entsprechender Höhe als Gesellschafter an der selbst nicht am Kapital und Vermögen der A-KG beteiligten V-GmbH beteiligt.
Mit Vertrag vom 13.01.2000 (Anteilsveräußerungsvertrag) erwarb die K-AG „zeitversetzt“ sämtliche Kommanditanteile der A-KG sowie sämtliche Geschäftsanteile der Komplementär-GmbH. In einem ersten Schritt erwarb die K-AG unter Änderungen zum Gesellschaftsvertrag Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises per 31.01.2000 75% des Kommanditkapitals der A-KG sowie der Geschäftsanteile, einschließlich des Gewinnbezugsrechts (Übertragungsstichtag I). Die restlichen Kommanditanteile i.H.v. 25% des Kommanditkapitals der A-KG sowie die Geschäftsanteile einschließlich des Gewinnbezugsrechts gingen zum 31.01.2001 über (Übertragungsstichtag II).
Mit Rücksicht darauf, dass die Verkäufer ab dem 01.02.2000 eine Verzinsung des Kaufpreises für die zweite Tranche erhielten, traten die Verkäufer den mit ihren vollständigen Kommanditanteilen verbundenen Gewinnanteil sowie das Gewinnbezugsrecht für die Zeit vom 01.02.2000 bis zum Übergangsstichtag II an die K-AG ab. Das anfallende Ergebnis sollte allein der K-AG zustehen, so dass die übrigen Gesellschafter weder an einem Gewinn noch an einem Verlust teilnehmen. Die Verkäufer verpflichteten sich, ihr Stimmrecht in Übereinstimmung mit der K-AG auszuüben bzw. nicht gegen den Mehrheitsgesellschafter K-AG zu stimmen. Die K-AG war berechtigt im Verwaltungsrat drei Verwaltungsratsmitglieder zu bestimmen. Den übrigen Kommanditisten stand gemeinsam das Recht zu, zwei Verwaltungsratsmitglieder zu bestimmen.
Im Juli 2000 wurde in das Handelsregister der A-KG die Herabsetzung der Kommanditeinlagen eingetragen. Zugleich wurde eingetragen, dass die K-AG im Wege der Sonderrechtsnachfolge stattdessen als Kommanditistin eingetreten sei.
Im März 2001 wurden die Kommanditisten B-KG, D, E, F und G als ausgeschieden eingetragen. Zugleich wurde eingetragen, dass im Wege der Sonderrechtsnachfolge die Kommanditeinlage der K-AG erhöht worden sei.
Gegen den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2000 vom 28.09.2001 legten die B-KG, D und E Einspruch ein u.a. mit der Begründung, dass bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns für das Jahr 2000 von einer Veräußerung von nur 75% der Anteile auszugehen sei. Die Klagen der Klägerin zu 1), von D und von E hatten keinen Erfolg (FG Hamburg, Urt. v. 02.02.2015 – 6 K 277/12 – EFG 2015, 976, m. zust. Anm. Knobbe, S. 981). Der BFH wies die Revision der Kläger als unbegründet zurück. Er führte zur Begründung aus:
I. Das Finanzgericht habe zutreffend davon abgesehen, die weiteren im Streitjahr an der A-KG beteiligten Kommanditisten (F und G) bzw. deren Rechtsnachfolger zum Verfahren nach § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO notwendig beizuladen.
II. Das Finanzamt und das Finanzgericht seien im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die von der B-KG, D und E erzielten Gewinne aus der Veräußerung ihrer Mitunternehmeranteile an der A-KG bereits im Rahmen der Gewinnfeststellung für das Streitjahr vollständig als Veräußerungsgewinne i.S.v. § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu erfassen seien. Denn alle drei ehemaligen Kommanditisten der A-KG hätten bereits im Streitjahr nicht nur – unstreitig – das Eigentum an ihren Mitunternehmeranteilen zu 75%, sondern darüber hinaus das wirtschaftliche Eigentum an den restlichen 25% ihrer Mitunternehmeranteile an die K-AG übertragen.
III. Mitunternehmer i.S.d. § 16 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sei, wer zivilrechtlich Gesellschafter einer Personengesellschaft sei oder in Ausnahmefällen eine diesem wirtschaftlich vergleichbare Stellung innehabe, Mitunternehmerrisiko trage und Mitunternehmerinitiative entfalte sowie die Absicht zur Gewinnerzielung habe (BFH, Urt. v. 22.06.2017 – IV R 42/13 Rn. 32 – BFHE 259, 258 = BFH/NV 2018, 265 m.w.N.). Auch bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils komme es folglich darauf an, wann die rechtliche oder wirtschaftliche Inhaberschaft an dem Mitunternehmeranteil übergehe (BFH, Urt. v. 30.08.2012 – IV R 44/10 Rn. 27 – BFH/NV 2013, 376). Auch wenn der Anteil an einer Personengesellschaft steuerrechtlich kein eigenständiges Wirtschaftsgut sei, so verkörpere er doch die Zusammenfassung aller Anteile an den Wirtschaftsgütern, die zum Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft gehörten und die dem betreffenden Gesellschafter nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zuzurechnen seien. Deshalb sei auch der Übergang der Inhaberschaft an einem Mitunternehmeranteil grundsätzlich nach zivilrechtlichen Maßstäben (§ 39 Abs. 1 AO) zu beurteilen. Die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils könne aber auch vorliegen, wenn zum maßgeblichen Zeitpunkt zwar (noch) nicht die rechtliche Inhaberschaft an dem Mitunternehmeranteil, wohl aber die wirtschaftliche Inhaberschaft (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO) auf den Erwerber übergegangen sei (z.B. BFH, Urt. v. 30.08.2007 – IV R 22/06 Rn. 22 – BFH/NV 2008, 109 m.w.N.). Denn auch die steuerrechtliche Zurechnung eines Gesellschaftsanteils könne nach den Maßstäben des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO von der zivilrechtlichen Gesellschafterstellung abweichen (BFH, Urt. v. 22.06.2017 – IV R 42/13 Rn. 34 – BFHE 259, 258).
IV. Das wirtschaftliche Eigentum setze nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass der Erwerber aufgrund eines (bürgerlich-rechtlichen) Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben habe, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden könne (z.B. BFH, Urt. v. 27.10.2015 – VIII R 47/12 Rn. 38 – BStBl II 2016, 600 m.w.N.; Anm. Pfützenreuter, jurisPR-SteuerR 15/2016 Anm. 1). Erfülle ein anderer als der zivilrechtliche Gesellschafter die Voraussetzungen eines Mitunternehmers, weil er anstelle des Gesellschafters vollständig dessen gesellschaftsrechtliche Position einnehmen könne, die es ihm ermögliche, Mitunternehmerrisiko zu tragen und Mitunternehmerinitiative zu entfalten, sei diesem der Anteil an der Personengesellschaft zuzurechnen. Denn er sei in der Lage, den zivilrechtlichen Gesellschafter wirtschaftlich auf Dauer aus dessen Stellung zu verdrängen (BFH, Urt. v. 22.06.2017 – IV R 42/13 Rn. 34 – BFHE 259, 258 m.w.N.).
V. Im Zeitpunkt der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums entstehe der Veräußerungsgewinn, unabhängig davon, ob der vereinbarte Kaufpreis sofort fällig, in Raten zahlbar oder langfristig gestundet sei und wann der Verkaufserlös dem Veräußerer tatsächlich zufließe (BFH, Urt. v. 25.06.2009 – IV R 3/07 Rn. 15 – BStBl II 2010, 182 m.w.N.; Anm. Fischer, jurisPR-SteuerR 4/2010 Anm. 2). Dieser Gewinn sei bei Veräußerung eines gesamten Mitunternehmeranteils auch dann im Kalenderjahr des Ausscheidens des Mitunternehmers zu erfassen, wenn die Mitunternehmerschaft – wie im Streitfall die A-KG – ihren Gewinn für ein abweichendes Wirtschaftsjahr ermittele, denn § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG sei auf den ausscheidenden Mitunternehmer nicht anwendbar (BFH, Urt. v. 18.08.2010 – X R 8/07 Rn. 29, 31 – BStBl II 2010, 1043; Anm. Dötsch, jurisPR-SteuerR 48/2010 Anm. 1). Der Zeitpunkt der Veräußerung eines gesamten Mitunternehmeranteils sei deshalb spätestens in dem Kalenderjahr anzunehmen, in dem der Erwerber in die Lage versetzt werde, den zivilrechtlichen Gesellschafter wirtschaftlich auf Dauer aus dessen Stellung zu verdrängen.
VI. Nach diesen Maßstäben sei die Würdigung des Finanzgerichts, dass die K-AG bereits im Laufe des Streitjahrs in der Lage gewesen sei, die B-KG, D und E (auch) hinsichtlich der streitbefangenen, ihnen gemäß den Regelungen des AV bis zum sog. Übergangsstichtag II – schuldrechtlich – verbleibenden 25% ihrer ursprünglichen Kommanditanteile aus ihrer insoweit noch fortbestehenden Stellung als zivilrechtliche Gesellschafter vollständig zu verdrängen, und damit wirtschaftliche Eigentümerin (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO) der streitbefangenen Anteile geworden sei, im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Finanzgericht habe alle dafür erforderlichen Tatsachen festgestellt, so dass es dem BFH ausnahmsweise möglich sei, diese Würdigung selbst zu treffen (vgl. BFH, Urt. v. 05.11. 2013 – VIII R 20/11 – BStBl II 2014, 275).
VII. Das Mitunternehmerrisiko sei bereits im Streitjahr vollständig auf die Erwerberin übergegangen. Die Altgesellschafter hätten den mit ihren „vollständigen“ Kommanditanteilen verbundenen Gewinnanteil für die Zeit vom 01.02.2000 bis zum Übergangsstichtag II („Ablauf des 31.01.2001“) an die K-AG abgetreten, die die Abtretungen angenommen habe. Die Abtretungen hätten zwar dinglich wirksam werden sollen, sobald die an die K-AG veräußerten Kommanditanteile der ersten Tranche dinglich auf sie übergegangen seien. Allerdings hätten diese Abtretungen unter vier aufschiebenden Bedingungen gestanden, nämlich die Überweisung des Kaufpreises für 75% der Kommanditanteile, eine Nichtuntersagungsverfügung des Bundeskartellamts, die Aushändigung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft der K-AG an die Anwälte der Verkäufer sowie die Eintragung der K-AG als Rechtsnachfolgerin bezüglich der 75%igen Kommanditanteile im Handelsregister der A-KG. Das Finanzgericht sei jedoch im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass alle Bedingungen bereits im Streitjahr erfüllt gewesen seien und somit die Gewinnanteile für die Zeit vom 01.02.2000 bis zum Übergangsstichtag II ebenfalls bereits im Streitjahr vollständig an die K-AG abgetreten gewesen seien.
Die Altgesellschafter, darunter die B-KG, D und E, hätten ihre vollständigen Gewinnansprüche schon im Streitjahr wirksam für die Zeit ab dem 01.02.2000 an die Erwerberin abgetreten und seien von diesem Zeitpunkt an nicht mehr an künftigen wirtschaftlichen Chancen und Risiken der A-KG beteiligt gewesen.
VIII. Der Übergang der Gewinnbeteiligung ergebe sich daraus, dass die Abtretung ausdrücklich auch mit Rücksicht darauf erfolgt sei, dass die Verkäufer – erfolgsunabhängig – im Zuge der Veräußerung von 25% des Kommanditkapitals der A-KG (zweite KG-Tranche) ab dem 01.02.2000 eine Verzinsung des Kaufpreises für diese Tranche habe erhalten sollen. Auch begründe eine Teilhabe der Altgesellschafter am Erfolg der A-KG nicht, dass die Vertragsparteien die prognostizierten wirtschaftlichen Vorteile der weiteren Tätigkeiten der Altgesellschafter für das Unternehmen bei der Kaufpreisbemessung pauschal berücksichtigt hätten, was einer pauschalierten Beteiligung am laufenden Gewinn gleichkomme. Denn der Kaufpreis für einen Mitunternehmeranteil, dessen Zahlung durch die erwerbende K-AG durch verschiedene Maßnahmen (u.a. eine selbstschuldnerische Bürgschaft der Erwerberin) abgesichert gewesen sei, vermittele ungeachtet der Motive für seine Bemessung keine aktive Teilhabe an künftigen wirtschaftlichen Chancen und Risiken der betreffenden Mitunternehmerschaft. Ein solcher Kaufpreis wäre auch bei einer von den Vertragsparteien nicht erwarteten positiven oder negativen Geschäftsentwicklung der A-KG unverändert geblieben. Und selbst wenn derartige Gesichtspunkte bei der Bemessung der ab dem 01.02.2000 vereinbarten Festverzinsung des auf die „zweite Tranche“ entfallenden Kaufpreises eine Rolle gespielt hätten, würde in einer im Voraus fest vereinbarten Verzinsung nicht der tatsächliche Erfolg oder Misserfolg des gewerblichen Unternehmens der A-KG während des Zinslaufs abgebildet; vielmehr sei eine derartige Verzinsung typisch für einen Darlehensgeber (vgl. z.B. BFH, Urt. v. 28.10.1999 – VIII R 66-70/97 Rn. 20 – BStBl II 2000, 183). In gleicher Weise vermittele weder der vereinbarte Kaufpreis noch dessen feste Verzinsung in der Zeit ab dem 01.02.2000 eine Beteiligung an konkreten Betriebsvermögensmehrungen bzw. den ab diesem Zeitpunkt gebildeten stillen Reserven des Anlagevermögens und/oder einem neu entstandenen Geschäftswert der A-KG.
Auch am Verlust hätten die Altgesellschafter über den Übergangsstichtag I hinaus nicht mehr teilgenommen. Nach dem mit Wirkung vom 01.02.2000 neu gefassten Gesellschaftsvertrag der A-KG habe das anfallende Ergebnis allein der K-AG zugestanden, so dass die übrigen Gesellschafter – so die ausdrückliche Folgerung im AV – weder an einem Gewinn noch an einem Verlust teilgenommen hätten.
IX. Die Altgesellschafter hätten nach den vom Finanzgericht festgestellten Regelungen des Vertragswerks über den Übergangsstichtag I hinaus in der A-KG auch keine Mitunternehmerinitiative mehr entwickeln können. Vielmehr habe die K-AG als Erwerberin auch hinsichtlich der zivilrechtlich über den Übergangsstichtag I hinaus fortbestehenden Kommanditanteile der Altgesellschafter an deren Stelle Mitunternehmerinitiative entfaltet.
Zwar hätten den Veräußerern über den Übergangsstichtag I hinaus die ihren reduzierten Anteilen entsprechenden Mitwirkungsrechte in der A-KG und der Komplementär-GmbH zugestanden. Diese hätten indes faktisch nur noch zugunsten der K-AG ausgeübt werden können. Die K-AG sei berechtigt gewesen, drei der Mitglieder des Verwaltungsrats zu bestimmen, während den übrigen Kommanditisten gemeinsam das Recht zugestanden habe, zwei Verwaltungsratsmitglieder zu bestimmen. Im Verwaltungsrat der A-KG habe die Erwerberin demnach fortan über eine Mehrheit der Stimmen verfügt, so dass keine Entscheidung gegen die Erwerberin möglich gewesen sei. Zudem sei eine dem § 7 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags der A-KG in seiner ursprünglichen Fassung entsprechende Regelung, wonach der Verwaltungsrat über die Richtlinien der Geschäftspolitik der Gesellschaft zu bestimmen gehabt habe und die geschäftsführende V-GmbH an dessen Richtlinien und Weisungen gebunden gewesen sei, im geänderten Gesellschaftsvertrag der A-KG nicht mehr enthalten gewesen. Der Verwaltungsrat habe somit nicht mehr wie zuvor die Möglichkeit gehabt, auf die Geschäftsführung in der A-KG bestimmenden Einfluss zu nehmen.
Auch aus der über den Übergangsstichtag I hinaus bestehenden Beteiligung der Verkäufer an der Komplementär-GmbH habe sich keine Mitunternehmerinitiative in Bezug auf die A-KG ergeben, nachdem sich die Altgesellschafter verpflichtet hätten, ihr dortiges Stimmrecht in Übereinstimmung mit der K-AG auszuüben bzw. nicht gegen den Mehrheitsgesellschafter K-AG zu stimmen.

C. Kontext der Entscheidung

I. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kann ein Gewinnfeststellungsbescheid eine Vielzahl selbstständiger und damit auch selbstständig anfechtbarer Feststellungen enthalten, die eigenständig in Bestandskraft erwachsen und deshalb für die in dem nämlichen Bescheid getroffenen und rechtlich nachgelagerten Feststellungen Bindungswirkung entfalten können (z.B. grdl. BFH, Urt. v. 10.02.1988 – VIII R 352/82 – BStBl II 1988, 544; BFH, Urt. v. 16.03.2017 – IV R 31/14 Rn. 18 – BFHE 257, 292 = BFH/NV 2017, 1093; Anm. Pfützenreuter, jurisPR-SteuerR 35/2007 Anm. 3). Eine solche selbstständig anfechtbare Regelung (Feststellung) ist auch die Feststellung eines Veräußerungs- oder Aufgabegewinns gemäß § 16 Abs. 1 und Abs. 3 EStG (z.B. BFH, Urt. v. 25.06.2009 – IV R 3/07 – BStBl II 2010, 182, unter II.1.; Anm. P. Fischer, jurisPR-SteuerR 4/2010 Anm. 2; BFH, Urt. v. 01.07.2010 – IV R 34/07 – BFH/NV 2010, 2246, zur Selbstständigkeit der Feststellung eines Veräußerungsgewinns in einem Gewinnfeststellungsbescheid; Anm. Steinhauff, jurisPR-SteuerR 49/2010 Anm. 1; BFH, Urt. v. 28.05.2015 – IV R 26/12 Rn. 17 – BStBl II 2015, 797, jeweils m.w.N.; Anm. P. Fischer, jurisPR-SteuerR 36/2015 Anm. 3) jedenfalls des einzelnen Mitunternehmers, z.B. – wie hier – aus der Veräußerung seines Mitunternehmeranteils (BFH, Urt. v. 16.03.2017 – IV R 31/14 Rn. 18 – BFHE 257, 292).
II. Mitunternehmerinitiative bedeutet vor allem Teilnahme an unternehmerischen Entscheidungen, wie sie z.B. Gesellschaftern oder diesen vergleichbaren Personen als Geschäftsführern, Prokuristen oder anderen leitenden Angestellten obliegen (vgl. hierzu und zum Folgenden z.B. BFH, Urt. v. 13.07.2017 – IV R 41/14 Rn. 20 – BStBl II 2017, 1133 m.w.N.; dazu P. Fischer, jurisPR-SteuerR 48/2017 Anm. 4). Ausreichend ist indes schon die Möglichkeit zur Ausübung von Gesellschafterrechten, die wenigstens den Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechten angenähert sind, die einem Kommanditisten nach dem HGB zustehen oder die den gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechten nach § 716 Abs. 1 BGB entsprechen (BFH, Urt. v. 21.10.2015 – IV R 43/12 Rn. 30 – BStBl II 2016, 517).
III. Mitunternehmerrisiko trägt, wer gesellschaftsrechtlich oder diesem Status wirtschaftlich vergleichbar am Erfolg und Misserfolg eines gewerblichen Unternehmens teilnimmt. Dieses Risiko wird regelmäßig durch Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven des Anlagevermögens einschließlich eines Geschäftswerts vermittelt (BFH, Großer Senat, Beschl. v. 25.06.1984 – GrS 4/82 – BStBl II 1984, 751, unter C.V.3.b cc und C.V.3.c; vgl. auch BFH, Urt. v. 13.07.2017 – IV R 41/14 Rn. 20 – BStBl II 2017, 1133).
IV. Die Merkmale der Mitunternehmerschaft sind unter Berücksichtigung aller die rechtliche und wirtschaftliche Stellung einer Person insgesamt bestimmenden Umstände zu würdigen und müssen, wenn auch in unterschiedlicher Intensität kumulativ gegeben sein (z.B. BFH, Urt. v. 13.07.2017 – IV R 41/14 Rn. 20 – BStBl II 2017, 1133 m.w.N.).
V. Nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO ist die Rechtsstellung des wirtschaftlichen Eigentümers dadurch gekennzeichnet, dass er den zivilrechtlichen Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann, (vgl. BFH, Urt. v. 25.05.2011 – IX R 23/10 Rn. 17 – BStBl II 2012, 3 m.w.N.; Anm. P. Fischer, jurisPR-SteuerR 48/2011 Anm. 1; BFH, Urt. v. 18.05.2005 – VIII R 34/01 – BStBl II 2005, 857, unter II.1.c cc).
Das wirtschaftliche Eigentum an einem Kapitalgesellschaftsanteil geht z.B. auf einen Erwerber über (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO), wenn der Käufer des Anteils
(1) aufgrund eines (bürgerlich-rechtlichen) Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann, und
(2) die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen (Verwaltungs- und Vermögens-)Rechte (insbesondere Gewinnbezugsrecht und Stimmrecht) sowie
(3) Risiko und Chance von Wertveränderungen auf ihn übergegangen sind (vgl. BFH, Urt. v. 09.10.2008 – IX R 73/06 – BStBl II 2009, 140, unter II.2.).
Danach erlangt wirtschaftliches Eigentum, wer nach dem Inhalt der getroffenen Abrede alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte (Vermögens- und Verwaltungsrechte, insbesondere Gewinnbezugs- und Stimmrecht) ausüben und im Konfliktfall effektiv durchsetzen kann (vgl. BFH, Urt. v. 18.05.2005 – VIII R 34/01 – BStBl II 2005, 857; BFH, Urt. v. 22.07.2008 – IX R 61/05 – BFH/NV 2008, 2004).
Der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums ist nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen. Eine von der zivilrechtlichen Inhaberstellung abweichende Zuordnung eines Wirtschaftsguts kann deshalb auch anzunehmen sein, wenn die vorstehend genannten Voraussetzungen nicht in vollem Umfang erfüllt sind. Demgemäß ist auch bei der Bestimmung des wirtschaftlichen Eigentums nicht das formal Erklärte oder formal-rechtlich Vereinbarte, sondern das wirtschaftlich Gewollte und das tatsächlich Bewirkte ausschlaggebend (vgl. BFH, Urt. v. 25.05.2011 – IX R 23/10 Rn. 17 – BStBl II 2012, 3; BFH, Urt. v. 09.10.2008 – IX R 73/06 – BStBl II 2009, 140, unter II.2., m.w.N.).

D. Auswirkungen für die Praxis

Der einheitliche und gesonderte Feststellungsbescheid enthält lediglich einen Verwaltungsakt, nicht – wie ein zusammengefasster Steuerbescheid nach § 155 Abs. 3 AO – ein Bündel von Bescheiden (BFH, Urt. v. 27.04.1993 – VIII R 27/92 – BStBl II 1994, 3). Es handelt sich um eine notwendig einheitliche Feststellung gegenüber sämtlichen Feststellungsbeteiligten und eine Zusammenfassung einzelner, gesonderter Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen, die – soweit sie eine selbstständige rechtliche Würdigung enthalten – auch als selbstständiger Gegenstand eines Klageverfahrens – im Gegensatz zum außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren (BFH, Urt. v. 04.11.2003 – VIII R 38/01 – BFH/NV 2004, 1372) – in Betracht kommen und somit einem eigenständigen prozessualen Schicksal unterliegen (BFH, Urt. v. 09.02.2011 – IV R 15/08 – BStBl II 2011, 764; Anm. Steinhauff, jurisPR-SteuerR 32/2011 Anm. 4). Diese verfahrensrechtlichen Besonderheiten müssen unbedingt beachtet werden, um eventuelle Rechtsverluste zu vermeiden (dazu anschaulich BFH, Urt. v. 09.02.2011 – IV R 15/08 – BStBl II 2011, 764; Anm. Steinhauff, jurisPR-SteuerR 32/2011 Anm. 4).
Das Besprechungsurteil zeigt darüber hinaus anschaulich die zur Annahme von wirtschaftlichem Eigentum gebotene Gesamtwürdigung der Umstände des konkreten Einzelfalls.

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