Nachfolgend ein Beitrag vom 29.6.2017 von Bueb, jurisPR-MietR 13/2017 Anm. 2

Leitsatz

Vom Vermieter gestellte Formularklauseln, in denen die Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen uneingeschränkt auf den Wohnraummieter abgewälzt wird, sind – gemäß §§ 536 Abs. 4 BGB, 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB – auch dann unwirksam, wenn die Mietsache dem Mieter zu Vertragsbeginn renoviert überlassen wurde.

A. Problemstellung

Das LG Berlin hatte sich mit der Frage zu befassen, ob vom Vermieter gestellte Formularklauseln in einem Wohnraummietvertrag, mit welchen die Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen uneingeschränkt auf den Mieter abgewälzt wird, wirksam sind und ob es einen Unterschied macht, wenn die Wohnung bei Einzug renoviert oder unrenoviert überlassen wurde.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die Parteien schlossen am 12.06.2001 einen von der Klägerin als Vermieterin gestellten Formularmietvertrag über eine Wohnung ab, in dem es unter § 11 unter anderem heißt: „Instandhaltung der Mieträume: … 4. Die Kosten der Schönheitsreparaturen trägt der Mieter.“ Die Parteien vereinbarten die Verpflichtung zur Vornahme der Schönheitsreparaturen nicht als Teil des Mietentgelts. Nach einer Eigenbedarfskündigung einigten sich die Parteien im Jahre 2015 auf eine Beendigung des Mietverhältnisses. Der Beklagte gab die Mietsache, die seitdem vom Sohn der Klägerin genutzt wird, daraufhin an die Klägerin zurück.
Die Klägerin hat mit ihrer Klage vor dem AG Wedding zunächst Zahlung, hilfsweise Feststellung wegen unterlassener Schönheitsreparaturen und einer Verschlechterung der Mietsache begehrt. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung verfolgte die Klägerin nur noch den erstinstanzlichen Zahlungsantrag weiter, nicht mehr den Feststellungsantrag. Sie ist der Auffassung, das Amtsgericht habe die erhobenen Beweise verfahrensfehlerhaft gewürdigt. Die streitgegenständliche Wohnung sei zu Mietvertragsbeginn tatsächlich renoviert gewesen und die Abwälzung der Schönheitsreparaturlast deshalb wirksam. Schadensersatz wegen eines Anstrichs der Küchenfliesen stünde ihr ebenfalls zu, auch wenn sich diese zu Vertragsbeginn unter einem Laminatboden befunden hätten. Mit dem Zahlungsantrag forderte die Klägerin vom beklagten Mieter 6.345,96 Euro für durchgeführte Schönheitsreparaturen und Schadensersatz.
Das LG Berlin hat sich der Ansicht des Amtsgerichts angeschlossen und die Berufung der Vermieterin zurückgewiesen.
Nach Auffassung des Landgerichts hat die Klägerin keine Ansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen gemäß den §§ 280, 281 BGB, da der Beklagte mangels wirksamer Abwälzungsvereinbarung nicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet sei. Die oben zitierte Klausel sei unwirksam, selbst wenn die streitgegenständliche Wohnung dem Beklagten – den tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts zuwider – zu Vertragsbeginn renoviert übergeben wurde. Dabei komme es im Ergebnis nicht darauf an, ob die in § 11 Nr. 4 des Mietvertrages getroffene Vereinbarung als eine solche zur Abwälzung der mit der Durchführung der Schönheitsreparaturen verbundenen Kosten oder um eine solche zur Vornahme von Schönheitsreparaturen durch den Mieter auszulegen sei.
Die Klausel sei gemäß § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AGBG a.F. (§ 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB n.F.) wegen unangemessener Benachteiligung des Beklagten unwirksam, auch wenn sie entgegen der bisherigen Rechtsprechung des BGH (vgl. Urt. v. 14.07.2004 – VIII ZR 339/03 – NJW 2004, 2961) und in konsequenter Anwendung der Unklarheitenregel des § 5 AGBG a.F. (§ 305c BGB n.F.) nicht als Vornahmeklausel, sondern als Klausel zur Tragung der Kosten der vom Vermieter oder einem Dritten durchgeführten Schönheitsreparaturen durch den Mieter auszulegen wäre. Denn dem Mieter werde bei einer Kostenklausel unter Zugrundelegung der „kundenfeindlichsten“ Auslegung die Möglichkeit zur Vornahme der Schönheitsreparaturen in Eigenleistung genommen (BGH, Urt. v. 09.06.2010 – VIII ZR 294/09 – NJW 2010, 2877); damit aber verliere die Überwälzung dieser Arbeiten ihre Rechtfertigung. Das gelte umso mehr, als Schönheitsreparaturen nicht zwingend von einem Dritten ausgeführt werden müssten und deshalb auch ein Vermieter nicht verpflichtet wäre, die Schönheitsreparaturen durch Vergabe an Dritte vornehmen zu lassen, sondern nur eine fachgerechte Ausführung in mittlerer Art und Güte schulde.
Sofern die Klausel den Beklagten – entgegen ihrem ausdrücklichen Wortlaut, aber in Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 14.07.2004 – VIII ZR 339/03 – NJW 2004, 2961) – nicht zur Kostentragung, sondern zur Vornahme von Schönheitsreparaturen verpflichten sollte, sei sie wegen Verstoßes gegen § 536 Abs. 4 BGB, § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AGBG a.F. (§ 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB n.F.) ebenfalls unwirksam.
Gemäß § 536 Abs. 4 BGB sei bei einem Mietverhältnis über Wohnraum eine zum Nachteil des Mieters von den § 536 Abs. 1 bis 3 BGB abweichende Vereinbarung unwirksam. Diese Voraussetzungen seien bei (Formular-)Vereinbarungen, mit denen der Wohnraummieter ohne Einschränkung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen verpflichtet werde, erfüllt. Zwar regeln vom Vermieter gestellte Vornahmeklauseln nach ihrem Wortlaut lediglich die Verpflichtung des Mieters, im Einzelnen näher bestimmte Maßnahmen zur Erhaltung der Mietsache auf eigene Kosten auszuführen, deren Durchführung – wie bei Schönheitsreparaturen (BGH, Urt. v. 18.03.2015 – VIII ZR 185/14 – NJW 2015, 1594) – gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB von Gesetzes wegen dem Vermieter obliege. Bei der gemäß § 5 AGBG a.F. (§ 305c Abs. 2 BGB n.F.) gebotenen „kundenfeindlichsten” Auslegung seien vom Vermieter gestellte Vornahmeklauseln aber dahingehend auszulegen, dass dem Mieter Gewährleistungsrechte nicht zustünden, wenn er den ihm übertragenen Instandhaltungspflichten nicht nachkomme (BGH, Urt. v. 06.05.1992 – VIII ZR 129/91). Das gelte nicht nur für die Abwälzung von Kleinreparaturen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 06.05.1992 – VIII ZR 129/91), sondern erst Recht für die Auferlegung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter (Emmerich in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2014, § 535 Rn. 107; Langenberg, NZM 2005, 801, 804). Damit komme in Fällen, in denen nach Ausschöpfung aller in Betracht kommender Auslegungsmöglichkeiten Zweifel blieben und zumindest zwei Auslegungsergebnisse rechtlich vertretbar seien, die Unklarheitenregel zur Anwendung (BGH, Urt. v. 20.01.2016 – VIII ZR 152/15 – NJW-RR 2016, 526).
So liege der Fall hier, in dem eine Auslegung der Klausel im vorgenannten Sinne und im Einklang mit der Auslegung von Kleinreparaturklauseln nicht nur rechtlich vertretbar sei, sondern sogar als einzig vertretbare Auslegungsvariante nahe liege. In diesem Zusammenhang könne dahinstehen, ob die Parteien im Sinne der sog. „Entgeltthese“ tatsächlich stillschweigend vereinbarten, dass die Abwälzung der Schönheitsreparaturen Teil des Entgelts darstelle, welches der Mieter als Gegenleistung für die Leistungen des Vermieters zu entrichten habe (BGH, Urt. v. 26.09.2007 – VIII ZR 143/06 – NJW 2007, 3632). Denn eine entsprechende „Entgeltabrede“ müsste sich dem geschlossenen Mietvertrag klar und unmissverständlich entnehmen lassen, was hier nicht der Fall sei. Die Anwendung der Unklarheitenregelung zulasten des Vermieters sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil das dem Mieter günstige Auslegungsergebnis lediglich einen bei der Auslegung außer Acht zu lassenden Sonderfall beträfe. Denn bei der Anwendung der Unklarheitenregelung des § 5 AGBG a.F. (§ 305c Abs. 2 BGB n.F.) blieben nur solche Verständnismöglichkeiten unberücksichtigt, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend seien und für die an solchen Geschäften typischerweise Beteiligten nicht ernsthaft in Betracht kämen (BGH, Urt. v. 20.01.2016 – VIII ZR 152/15). Die gegenständliche Klausel weiche als Vornahmeklausel zum Nachteil des Beklagten von § 536 Abs. 1 bis 3 BGB ab; das ziehe gemäß § 536 Abs. 4 BGB zwingend ihre Unwirksamkeit nach sich. Dieser Wertung stehe es nicht entgegen, dass der Gesetzgeber die Abwälzung der Schönheitsreparaturlast auf den Mieter ausweislich der Gesetzgebungsgeschichte des Mietrechtsreformgesetzes nicht ausnahmslos für unwirksam, sondern in – engen – Grenzen für zulässig erachtet habe (vgl. BT-Drs. 14/4553, S. 40). Die als Vornahmeklausel verstandene Abwälzungsvereinbarung sei aber auch wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AGBG a.F. (§ 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB) unwirksam, da sie den beklagten Mieter unangemessen benachteilige, unabhängig davon, ob der streitgegenständliche Wohnraum zum Zeitpunkt der Überlassung unrenoviert oder renoviert war.
Es entspreche der vom Landgericht geteilten Rechtsprechung des BGH, dass die Abwälzung der Schönheitsreparaturlast nur dann nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters führe, wenn er für den mit der Abwälzung der Schönheitsreparaturen verbundenen tatsächlichen und wirtschaftlichen Aufwand durch eine angemessene Ausgleichsleistung des Vermieters entschädigt werde (BGH, Urt. v. 18.03.2015 – VIII ZR 185/14). Diese Grundsätze würden auch bei Überlassung einer renovierten Mietsache gelten (Emmerich in: Staudinger, BGB, § 535 Rn. 107). Denn der tatsächliche und wirtschaftliche Aufwand, der mit der laufenden Schönheitsreparaturlast einer renovierten Mietsache verbunden sei, gehe in der Regel bereits weit über den einer kompensationspflichtigen Anfangsrenovierung hinaus, weil die Durchführung der Schönheitsreparaturen zur Vermeidung oder Beseitigung nicht lediglich unerheblicher Dekormängel im Verlaufe eines häufig langlebigen Mietverhältnisses nicht nur einmalig, sondern mehrfach erforderlich werde. Die damit verbundene tatsächliche und wirtschaftliche Belastung des Mieters gebiete zur Vermeidung unangemessener Nachteile nicht anders als bei einer unrenoviert überlassenen Mietsache entweder eine kostenmäßige Begrenzung oder die Gewährung eines angemessenen Ausgleichs durch den Vermieter (BGH, Urt. v. 18.03.2015 – VIII ZR 185/14).
Für die Beurteilung der Klausel sei es außerdem ohne Bedeutung, ob die Auferlegung der Instandhaltungs- und Instandsetzungspflichten auf den Mieter der Beseitigung der durch Dritte oder allein der durch den Mieter selbst in Ausübung seines vertragsgemäßen Gebrauchs verursachten Gebrauchsspuren diene. Denn auch die formularvertraglich abgewälzte Pflicht zur Beseitigung von Gebrauchsspuren, die allein auf einen vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache durch den Mieter zurückzuführen seien, führe ohne vertragliche Begrenzung oder Gewährung eines angemessenen Ausgleichs zur Unwirksamkeit der Klausel wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters (BGH, Urt. v. 13.01.2010 – VIII ZR 48/09 – NJW 2010, 674).
Daher benachteilige die Abwälzung der laufenden Schönheitsreparaturlast den Beklagten unangemessen, weil die auferlegten Schönheitsreparaturen weder tatsächlich noch wirtschaftlich begrenzt seien und es an einer Kompensationsleistung des Vermieters für die Abwälzung der laufenden Schönheitsreparaturlast fehle.
Schadensersatzansprüche stünden der Klägerin ebenfalls nicht zu. Der Beklagte sei der Klägerin nicht gemäß § 280 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz i.H.v. 2.623,65 Euro wegen des Überstreichens der Fliesen verpflichtet. Zwar habe er diese mit Lackfarbe bestrichen, doch habe der Beklagte die damit womöglich einhergehende Verschlechterung der Mietsache nicht zu vertreten, 280 Abs. 1 Satz 2 BGB. Denn er durfte davon ausgehen, dass die Klägerin mit dem Farbanstrich einverstanden war, nachdem ein Wasserschaden aus der Nachbarwohnung das Laminat zerstörte und der Beklagte diesen Boden nach Rücksprache mit der Klägerin entfernt hat. Der freigelegte Fliesenboden war aufgrund erheblicher Verunreinigung und Anhaftungen durch den aufgebrachten (Laminat-)Kleber ohne eine Behandlung nicht vertragsgemäß nutzbar. Selbst wenn dem Beklagten insoweit aber eine von ihm zu vertretene Pflichtverletzung zur Last zu legen wäre, fehle es an einem der Klägerin entstandenen Schaden. Denn das Landgericht schätzte gemäß § 287 Abs. 1, Abs. 2 ZPO, dass dem einfachen und alten Fliesenbelag in der Küche zum Zeitpunkt des Anstrichs, erst recht aber zum Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses, kein messbarer Restwert mehr zukäme.
Die Klägerin könne vom Beklagten auch keinen Schadensersatz gemäß den §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 242 BGB wegen des Zustands der Dekoration zum Zeitpunkt der Rückgabe verlangen. Selbst wenn eine Verpflichtung des Mieters zum Rückbau der im Verlaufe der Mietzeit geänderten Dekoration auf eine allgemein übliche Dekoration spätestens zum Zeitpunkt der Rückgabe bestünde, müsse er diese nur dann beseitigen, wenn diese von vielen Mietinteressenten üblicherweise nicht akzeptiert würde und einer baldigen Weitervermietung entgegenstünde (BGH, Urt. v. 06.11.2013 – VIII ZR 416/12 – NJW 2014, 143). An diesen Voraussetzungen fehle es hier. Die vom Beklagten gewählte Dekoration weiche bereits nicht so extrem von der allgemein üblichen Dekoration einer Wohnung ab, dass Mietinteressenten von der Anmietung abgehalten worden wären. Hinzu käme noch, dass eine Weitervermietung nicht gefährdet war, da die Wohnung aufgrund der von der Klägerin ausgesprochenen Eigenbedarfskündigung von ihrem Sohn genutzt wurde.

C. Kontext der Entscheidung

Die Entscheidung des LG Berlin und auch der Vorinstanz orientiert sich an der aktuellen Rechtsprechung des BGH zur unwirksamen Überwälzung von Schönheitsreparaturen in Formularverträgen auf den Mieter.
Gemäß § 536 Abs. 4 BGB ist bei einem Mietverhältnis über Wohnraum eine zum Nachteil des Mieters von den § 536 Abs. 1 bis 3 BGB abweichende Vereinbarung unwirksam. Diese Voraussetzungen sind bei (Formular-)Vereinbarungen, mit denen der Wohnraummieter einschränkungslos zur Vornahme von Schönheitsreparaturen verpflichtet wird, erfüllt. Vom Vermieter gestellte Vornahmeklauseln regeln nach ihrem Wortlaut lediglich die Verpflichtung des Mieters, im Einzelnen näher bestimmte Maßnahmen zur Erhaltung der Mietsache auf eigene Kosten auszuführen, deren Durchführung – wie bei Schönheitsreparaturen (BGH, Urt. v. 18.03.2015 – VIII ZR 185/14 – NJW 2015, 1594) – gemäß § 536 Abs. 1 Satz 2 BGB von Gesetzes wegen eigentlich dem Vermieter obliegt.
Das LG Berlin geht beim Schadensersatz wegen nicht entfernter Dekorationen des Mieters auch davon aus, dass zumindest in den Gemeinden wie Berlin, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde besonders gefährdet ist, künftige Mietinteressenten die Mietsache selbst mit einer qualitativ unzureichenden oder unüblichen Dekoration umgehend anmieten würden. Diese Ansicht ist derzeit noch Richterrecht und sicherlich nicht so einfach vertretbar, da sie den Vermieter in seinen Rechten zusätzlich einschränkt.

D. Auswirkungen für die Praxis

Einmal mehr sind Vermieter bzw. deren juristische Berater dazu angehalten, sich im Dschungel der Rechtsprechung zu Schönheitsreparaturklauseln zurechtzufinden und die richtige und wirksame Klausel zu wählen, um diese dem Mietvertrag zugrunde zu legen.