Nachfolgend ein Beitrag vom 30.7.2018 von Steinhauff, jurisPR-SteuerR 30/2018 Anm. 1

Leitsätze

1. Die BMF-Schreiben vom 27.03.2003 (BStBl I 2003, 240), vom 27.04.2017 (BStBl I 2017, 741) und vom 29.03.2018 (BStBl I 2018, 588) dürfen für die Prüfung, ob und in welchem Umfang ein Sanierungsgewinn, der dadurch entstanden ist, dass die Schulden vor dem 09.02.2017 erlassen wurden, gemäß § 163 AO im Billigkeitswege steuerfrei zu stellen ist, im finanzgerichtlichen Klage- und Revisionsverfahren nicht beachtet werden.
2. Dies gilt auch, wenn das Finanzamt nach dem sog. Sanierungserlass (BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240) einen Teilerlass der Steuer gemäß § 163 AO gewährt hat und der Steuerpflichtige mit dem Finanzamt vor dem Finanzgericht darüber streitet, ob dieses die Vorgaben des Sanierungserlasses zutreffend beachtet hat.

A. Problemstellung

Der VIII. Senat des BFH bestätigt die im Anschluss an den Beschluss des Großen Senats des BFH (Beschl. v. 28.11.2018 – GrS 1/15 – BStBl II 2017, 393 – Anm. Schuster, jurisPR-SteuerR 16/2017 Anm. 1; Levedag, jM 2017, 254; Fritze, jurisPR-InsR 5/2017 Anm. 2) sowohl vom I. als auch vom X. Senat des BFH vertretene Auffassung, wonach die weitere Anwendung des sog. Sanierungserlasses auf Altfälle aufgrund fehlender entsprechender gesetzlicher Übergangsregelung mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nicht vereinbar sei und die von der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben v. 29.03.2018 (BStBl I 2018, 588) aus Vertrauensschutzgründen angeordnete Nichtanwendung dieser Rechtsprechung an dieser Rechtslage nichts zu ändern vermag.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Der BFH hat die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision (§ 116 FGO) gegen das Urteil des FG Münster vom 17.10.2017 (2 K 3663/16 AO n.v.) mit den folgenden Gründen als unbegründet zurückgewiesen.
I. Der Kläger werfe sinngemäß die Rechtsfrage auf, ob nach Ergehen des Beschlusses des Großen Senats des BFH (Beschl. v. 28.11.2016 – GrS 1/15 – BStBl II 2017, 393) in einem finanzgerichtlichen Verfahren überprüft werden könne, ob die Finanzverwaltung in einer Erlassentscheidung die Steuer für einen vor dem 09.02.2017 entstandenen Sanierungsgewinn nach den Vorgaben des sog. Sanierungserlasses im Schreiben BMF v. 27.03.2003 (BStBl I 2003, 240) in zutreffender Höhe erlassen habe. Diese Rechtsfrage sei nicht klärungsbedürftig; denn sie könne auf Grundlage der ergangenen Rechtsprechung abschließend beantwortet werden.
Wenn ein Sanierungsgewinn dadurch entstanden sei, dass die Schulden vor dem 09.02.2017 erlassen worden seien, komme weder eine Einkommensteuerbefreiung dieses Sanierungsgewinns nach § 3a EStG n.F. noch eine Billigkeitsmaßnahme nach den BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 oder v. 27.04.2017 (BStBl I 2017, 741) in Betracht.
Der Große Senat des BFH in seinem Beschluss (BFH, Beschl. v. 28.11.2016 – GrS 1/15 – BStBl II 2017, 393) und dem folgend der I. und X. Senat (BFH, Urt. v. 23.08.2017 – I R 52/14 – BStBl II 2018, 232; BFH, Urt. v. 23.08.2017 – X R 38/15 – BStBl II 2018, 236) hätten entschieden, dass die genannten BMF-Schreiben gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstießen und von den Finanzgerichten nicht angewendet werden dürften. Eine Übergangsregelung für Altfälle vor Inkrafttreten des § 3a EStG n.F. hätte nur durch den Gesetzgeber getroffen werden können; dies sei aber nicht geschehen.
Die Finanzverwaltung wende diese Entscheidungen indes nicht an (BMF, Schreiben v. 29.03.2018 – IV C 6-S 2140/13/10003 – BStBl I 2018, 588). Nach ihrer Sicht sei für Schulderlasse bis (einschließlich) zum 08.02.2017 aus Vertrauensschutzgründen weiterhin nach dem Sanierungserlass im BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 zu verfahren. Dementsprechend könnten weder ein Finanzgericht noch der BFH die Finanzverwaltung in einem Verfahren gegen einen (Teil-)Erlassbescheid oder einen Ablehnungsbescheid verpflichten, Steuerbeträge auf Sanierungsgewinne unter Anwendung des Sanierungserlasses überhaupt oder in größerem Umfang als geschehen zu erlassen. Billigkeitsmaßnahmen in Sanierungsfällen könnten nur auf besondere, außerhalb des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240 liegende Gründe des Einzelfalls, insbesondere auf persönliche Billigkeitsgründe gestützt werden (Beschl. des Großen Senats des BFH in BStBl II 2017, 393, Rz 145).
II. Soweit die Finanzverwaltung wie im Streitfall einen teilweisen Erlass auf Grundlage des Sanierungserlasses wegen sachlicher Unbilligkeit gewährt habe, sei dieser wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung rechtswidrig. Die Aufhebung eines dennoch gewährten Erlasses durch ein Finanzgericht zulasten des Klägers habe im finanzgerichtlichen Verfahren zwar wegen des sog. Verböserungsverbots (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG zu unterbleiben. Nicht in Betracht komme aber auf Grundlage des Sanierungserlasses die Aufhebung eines Ablehnungsbescheids oder die Erhöhung eines Erlassbetrags durch ein Finanzgericht oder den BFH. Ebenso wenig könne nach der Entscheidung des Großen Senats des BFH (Beschl. v. 28.11.2016 – GrS 1/15 – BStBl II 2017, 393) in einem Revisionsverfahren die Frage entscheidungserheblich sein, ob das Finanzgericht bei der Überprüfung einer Erlassentscheidung der Finanzverwaltung die Vorgaben des Sanierungserlasses zutreffend umgesetzt habe.
III. Die Revision sei auch nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO wegen der geltend gemachten Divergenz zu den Vorgaben des Sanierungserlasses bei der Berechnung des steuerfreien Sanierungsgewinns zuzulassen.
Der Kläger sehe bei der Berechnung des steuerfrei zu stellenden Sanierungsgewinns eine Abweichung der Vorentscheidung von den Urteilen des FG Münster v. 27.05.2004 (2 K 1307/02 AO – EFG 2004, 1572) und des BFH v. 14.07.2010 (X R 34/08 – BStBl II 2010, 916). In beiden Entscheidungen sei ausgesprochen worden, dass die Vorgaben des Sanierungserlasses für die Finanzgerichte zu beachten seien. Das Finanzgericht sei hiervon abgewichen, da es schon verbrauchte und verrechnete Verluste aus Vorjahren nochmals von dem im Streitjahr 2012 entstandenen und steuerfrei zu stellenden Sanierungsgewinn abgezogen habe. Nach dem Urteil des FG Münster (Urt. v. 27.05.2004 – 2 K 1307/02 AO – EFG 2004, 1572) sei der frei zu stellende Sanierungsgewinn zur Vermeidung einer Doppelbegünstigung nur um solche Verluste zu kürzen, die im Jahr seiner Entstehung ebenfalls entstünden.
IV. Die vom Finanzgericht vermeintlich divergierend beantworteten Rechtsfragen zur Berechnung der Höhe eines steuerfreien Sanierungsgewinns nach dem Sanierungserlass könnten nicht in einem Revisionsverfahren geklärt werden. Der Sanierungserlass dürfe für Schuldenerlasse vor dem 09.02.2017 auch in einem Revisionsverfahren nicht mehr beachtet werden (BFH, Urt. v. 23.08.2017 – X R 38/15 – BStBl II 2018, 236, Rn. 19 und Rn. 10 f.). Entsprechend könne in einem Revisionsverfahren auch nicht geklärt werden, wie ein steuerfreier Sanierungsgewinn auf der Grundlage des Sanierungserlasses zu berechnen wäre.
V. Die Zulassung der Revision zur Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 FGO) wegen der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen zur Ermittlung der Höhe eines steuerfreien Sanierungsgewinns nach dem Sanierungserlass sei ebenfalls ausgeschlossen. Die aufgeworfenen Rechtsfragen seien – wie vorstehend ausgeführt – in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig.
Soweit der Kläger ausführe, das Finanzgericht sei gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO von dem Beschluss des Großen Senats des BFH (Beschl. v. 28.11.2016 – GrS 1/15 – BStBl II 2017, 393) abgewichen, weil es die darin anerkannte Zulässigkeit einzelfallbezogener Billigkeitsmaßnahmen gemäß den §§ 163, 227 AO für Sanierungsgewinne und die Vorgaben des Großen Senats des BFH zur Berechnung steuerfreier Sanierungsgewinne im Rahmen einer einzelfallbezogenen Billigkeitsmaßnahme grundsätzlich verkannt habe, habe die Beschwerde ebenfalls keinen Erfolg.
Der Kläger arbeite zu der behaupteten Abweichung des Finanzgerichts von den Aussagen des Großen Senats des BFH zu Rn 124 f. des Beschlusses (Beschl. v. 28.11.2016 – GrS 1/15 – BStBl II 2017, 393) nicht – wie es gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlich wäre – heraus, mit welchem tragenden Rechtssatz das Finanzgericht in der Vorentscheidung von einem tragenden Rechtssatz des Großen Senats des BFH (Beschl. v. 28.11.2016 – GrS 1/15 – BStBl II 2017, 393) in grundsätzlicher Weise abgewichen sein solle. Das Finanzgericht habe die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung des Sanierungsgewinns des Klägers einzelfallbezogen sowohl nach den Kriterien des Sanierungserlasses, nach anderen Gründen, nach Treu und Glauben und unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes erörtert. Danach sei nicht erkennbar, dass das Finanzgericht entgegen der Aussagen in Rn 124 f. des Beschlusses des Großen Senats des BFH einzelfallbezogene Billigkeitsmaßnahmen in Sanierungsfällen als grundsätzlich unzulässig angesehen haben könnte.
VI. Soweit der Kläger geltend mache, das Finanzgericht sei von den Aussagen in Rn. 133 f. des Beschlusses des Großen Senats des BFH (Beschl. v. 28.11.2016 – GrS 1/15 – BStBl II 2017, 393) zur Berechnung eines einzelfallbezogenen steuerfrei zu stellenden Sanierungsgewinns abgewichen, fehle es ebenfalls an der hinreichenden Darlegung der Divergenz. Eine Zulassung wegen Divergenz komme schon deshalb nicht in Betracht, weil die divergierende Rechtsauffassung des Finanzgerichts – wenn sie denn vorliegen sollte – in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich wäre. Werde mit einer Nichtzulassungsbeschwerde das Vorliegen einer Divergenz geltend gemacht, könne die Revision gegen ein kumulativ auf mehrere selbstständig tragende Gründe gestütztes Urteil des Finanzgerichts nur dann zugelassen werden, wenn hinsichtlich jedes dieser Gründe eine Divergenz oder ein anderer Zulassungsgrund dargelegt werde und gegeben sei (BFH, Beschl. v. 11.02.2014 – III B 114/13 Rn. 8 – BFH/NV 2014, 713). Hinsichtlich des ersten tragenden Begründungsstrangs des Finanzgerichts sei jedoch weder eine Divergenz noch ein anderer Zulassungsgrund gegeben. Ob sich den Aussagen des Großen Senats des BFH in Rn. 133 f. (Beschl. v. 28.11.2016 – GrS 1/15 – BStBl II 2017, 393) – wie der Kläger meine – überhaupt entnehmen lasse, es dürften bei der Berechnung eines gemäß § 163 AO im Rahmen einer einzelfallbezogenen Billigkeitsmaßnahme steuerfrei zu stellenden Sanierungsgewinns allenfalls noch nicht verbrauchte Verluste desselben Veranlagungszeitraums oder überhaupt keine Verluste mit dem Sanierungsgewinn verrechnet werden, könne dahinstehen.
VII. Soweit der Kläger im Stile einer Revisionsbegründung im Übrigen darlege, aus welchen Gründen er nach den Vorgaben des Sanierungserlasses und der Entscheidung des Großen Senats des BFH (Beschl. v. 28.11.2016 – GrS 1/15 – BStBl II 2017, 393) die rechtliche Würdigung des Finanzgerichts für rechtsfehlerhaft halte, sei die Revision ebenfalls nicht zuzulassen. Materiell-rechtliche Fehler könnten nur im Falle qualifizierter Rechtsanwendungsfehler im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzwidrigen Entscheidung zur Revisionszulassung führen. Unterhalb dieser Schwelle liegende, auch erhebliche Rechtsfehler des Finanzgerichts – wenn solche hier überhaupt vorliegen sollten – reichten indes nicht aus, um eine greifbare Gesetzwidrigkeit oder gar eine Willkürlichkeit der angefochtenen Entscheidung und somit einen Grund für die Zulassung der Revision anzunehmen (st. Rspr., vgl. z.B. BFH, Beschl. v. 03.08.2017 – IX B 54/17 – BFH/NV 2017, 1449; BFH, Beschl. v. 22.02.2017 – V B 122/16 – BFH/NV 2017, 772). Weder lege der Kläger derart offensichtliche Rechtsfehler des Finanzgerichts dar noch bestünden im Streitfall für solche anderweitige Anhaltspunkte.

C. Kontext der Entscheidung

I. Der X. Senat des BFH hat im Beschluss vom 16.04.2018 (X B 13/18 Rn. 4 – DStR 2018, 1283) ausgeführt, die vom Kläger als rechtsgrundsätzlich thematisierte Frage sei bereits durch die vorliegende Rechtsprechung mehrerer Senate des BFH dahingehend geklärt, dass das genannte BMF-Schreiben keine Rechtsgrundlage hat und daher im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens nicht beachtet werden dürfe (BFH, Urt. v. 23.08.2017 – X R 38/15 – BStBl II 2018, 236; BFH, Urt. v. 23.08.2017 – I R 52/14 – BStBl II 2018, 232). Daran ändere auch die Wiederholung der Verwaltungsauffassung durch das zu § 227 AO ergangene und erst nach Einreichung der Beschwerdebegründung veröffentlichte BMF-Schreiben v. 29.03.2018 (BStBl I 2018, 588) nichts.
II. Die Finanzverwaltung sehe sich an die mit BMF-Schreiben v. 27.04.2017 (BStBl I 2017, 741) veröffentlichte Vertrauensschutzregelung im Umgang mit Altfällen (Schuldenerlass bis einschließlich 08.02.2017) durch den Willen des Gesetzgebers weiterhin gebunden. In der Begründung zum Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD zum Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen werde ausdrücklich auf diese Vertrauensschutzregelung Bezug genommen (vgl. BT-Drs. 18/12128, S. 33 zur Übergangsregelung in § 52 Abs. 4a EStG). Demnach sei für Schulderlasse bis (einschließlich) zum 08.02.2017 aus Vertrauensschutzgründen entsprechend dem o.g. BMF-Schreiben weiterhin nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 zu verfahren.
Der Deutsche Bundestag habe sich diesem Vorschlag angeschlossen und die Verfahrensweise der Verwaltung gebilligt, für Altfälle den Sanierungserlass weiterhin anzuwenden. Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags habe damit im Rahmen seines Berichtes die in der Gesetzesbegründung ausdrücklich genannte Vertrauensschutzregelung der Verwaltung mittels sog. beredtem Schweigens des Gesetzgebers akzeptiert.
Dieser Rechtsauffassung der Finanzverwaltung folgt der BFH, nunmehr auch der VIII. Senat des BFH in der Besprechungsentscheidung, ausdrücklich aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht (ebf. Kanzler, NWB 2018, 1353).
III. Rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann nicht, wenn sie anhand der gesetzlichen Grundlagen und der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden kann und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH geboten erscheinen lassen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung z.B. BFH, Beschl. v. 14.02.2017 – VIII B 43/16 – BFH/NV 2017, 729, m.w.N.). Allein das Fehlen einer Entscheidung des BFH zu der konkreten Fallgestaltung begründet weder einen Klärungsbedarf noch das erforderliche Allgemeininteresse (z.B. BFH, Beschl. v. 20.07.2017 – VIII B 107/16 – BFH/NV 2017, 1458, m.w.N.).
IV. Die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung setzt voraus, dass das Finanzgericht in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, dass dabei über dieselbe Rechtsfrage entschieden wurde und diese für beide Entscheidungen rechtserheblich war, dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, dass die abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann und dass eine Entscheidung des BFH zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist (BFH, Beschl. v. 27.10.2017 – IX B 90/17 Rn. 2 – BFH/NV 2018, 213).

D. Auswirkungen für die Praxis

Sofern der Gesetzgeber die zeitliche Anwendung der durch das Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen v. 27.06.2017 (BGBl I 2017, 2074) eingeführten Steuerbefreiungstatbestände für Sanierungsgewinne (§ 3a EStG, § 7b GewStG) nicht rückwirkend ändert, verbleibt es bei dem für die betroffenen Steuerpflichtigen an sich unhaltbaren Zustand, dass die Steuerpflichtigen keine im Rechtsweg durchsetzbare Möglichkeit haben, die an sich zu ihren Gunsten ergangenen, aber im jeweiligen Fall möglicherweise nicht korrekt angewendeten Regelungen des Sanierungserlasses in BStBl I 2003, 240 ergänzt durch das BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 18 gerichtlich durchzusetzen.
Im Übrigen ist das Inkrafttreten der Steuerbefreiungstatbestände zusätzlich von einer Entscheidung der EU-Kommission abhängig, dass es sich insoweit nicht um eine staatliche Beihilfe (Art. 107 AEUV) oder um eine mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfe handelt (vgl. z.B. Hiller/Baschnagel, DStZ 2018, 17, 19).
Somit verbleibt es ausschließlich bei der vom Großen Senat des BFH bereits aufgezeigten Möglichkeit, außerhalb des Sanierungserlasses liegende besondere Gründe im Einzelfall, insbesondere auf persönliche Billigkeitsgründe gestützte Billigkeitsmaßnahmen in vor dem 09.02.2017 verwirklichten Sanierungsfällen bei der Finanzverwaltung zu beantragen und ggf. insoweit gerichtlich durchzusetzen.

Keine Berücksichtigung des sog. Sanierungserlasses im finanzgerichtlichen Verfahren
Thomas HansenRechtsanwalt
  • Fachanwalt für Steuerrecht
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