Nachfolgend ein Beitrag vom 24.4.2018 von Hippeli, jurisPR-HaGesR 4/2018 Anm. 4
Leitsätze
1. Die Schenkung eines Kommanditanteils an eine ungeborene Leibesfrucht kann nicht vor der Geburt in das Handelsregister eingetragen werden.
2. Die Schenkung eines Kommanditanteils an einer wirtschaftenden Wind-KG an eine ungeborene Leibesfrucht dürfte nicht als lediglich rechtlich vorteilhaftes Rechtsgeschäft frei von einer Genehmigung des Vormundschaftsgerichts wirksam werden.
A. Problemstellung
Kann ein ungeborenes Kind (Nasciturus) Gesellschaftsanteile erwerben und daher als Gesellschafter in das Handelsregister eingetragen werden? Vorliegend ging es um die Schenkung von Kommanditanteilen an einer KG an ein ungeborenes Kind.
B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Ende 2017 erfolgte die Anmeldung eines Kommanditistenwechsels zum Handelsregister einer KG. Der maßgebliche Kommanditanteil sollte dabei von einer bisherigen (i.Ü. verheirateten) Kommanditistin auf deren noch ungeborenes Kind übergehen. Schon die anmeldende Notarin teilte mit, dass sie selbst diesen Umstand für nicht eintragungsfähig halte.
Auch das maßgebliche Amtsgericht – Registergericht – entschied im Rahmen einer Zwischenverfügung, dass die Eintragung derzeit nicht erfolgen könne, da die Geburt vorliegend aufschiebende Bedingung der Eintragung des Gesellschafterwechsels sei. Außerdem bedürfe die zum Gesellschafterwechsel führende Schenkung des Kommanditanteils einer Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.
Hiergegen wendete sich die bisherige Kommanditistin in eigener Sache und namens des ungeborenen Kindes mit zwei Beschwerden.
Die Beschwerde namens des ungeboren Kindes hielt das OLG Celle schon für unzulässig. Denn es liege keine ordnungsgemäße Vertretung vor. Bei einem geborenen Kind stehe die elterliche Sorge beiden verheirateten Eltern gemeinschaftlich zu (§ 1629 Abs. 1 Satz 2 BGB), nicht anders sei dies sodann bei einer Vorverlagerung auf das noch ungeborene Kind i.S.d. § 1912 Abs. 2 BGB.
Die Beschwerde in eigener Sache wurde dagegen zwar für statthaft und zulässig erachtet, allerdings für unbegründet. Schließlich könne die maßgebliche Schenkung erst bei Geburt des Kindes vollzogen und damit der Gesellschafterwechsel erst dann eingetragen werden. Die Geburt des Kindes stelle also eine aufschiebende Bedingung dar. Dieser Rechtsgedanke könne § 1923 BGB im Zusammenhang mit der Erbfähigkeit entnommen werden. Dort stelle die Lebendgeburt des Kindes die Bedingung für den Rechtseintritt dar.
Ein ungewisser, wenn auch wahrscheinlicher künftiger Rechtserwerb von Gesellschaftsanteilen sei im Handelsregister zudem nicht eintragungsfähig. Dies sei für das Recht der GmbH ausdrücklich geregelt (§ 40 Abs. 1 GmbHG), gelte aber auch darüber hinaus. Schließlich müsse die Gefahr von herrenlosen Gesellschaftsanteilen, die entstehen könnten, sofern das Kind wider Erwarten nicht lebend zur Welt kommt, gebannt werden. Eine solche Sichtweise finde ihre dogmatische Stütze in den Prinzipien der Registerwahrheit und der Registerklarheit.
Ob die Schenkung des Kommanditanteils vorliegend der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedürfe oder nicht, sei dann nicht mehr streitentscheidend gewesen.
C. Kontext der Entscheidung
Eine vom Sachverhalt her wirklich skurrile Entscheidung. Wer kommt schon auf die Idee, seinem noch nicht mal geborenen Kind Gesellschaftsanteile zu schenken? Und überhaupt, einmal logisch zu Ende gedacht: Unter welchem Namen sollte denn dann ein solches ungeborenes Kind eingetragen werden? Bekanntermaßen machen sich die Eltern während der Schwangerschaft oder erst nach der Geburt des Kindes Gedanken über die Namensgebung. Verbindlich ist dies aber noch nicht. Und das entsprechende Feld kann schließlich nicht einstweilig frei bleiben bei Eintragung. Selbst wenn: Soll denn dann später mit neuem Aufwand der Platzhalter gefüllt werden (Umtragung), sobald der Name feststeht? Diese praktischen Fragen legen bereits – gerade unter dem vom Oberlandesgericht zutreffend bemühten Blickwinkel der Registerwahrheit und Registerklarheit – offen, dass ein solches Ansinnen der Eintragung eines ungeborenen Kindes in das Handelsregister wenig sinnvoll ist.
Das OLG Celle hat die zur Klärung einzig erkennbaren Argumente bemüht. Im Kern geht es um die Frage, inwieweit ungeborene Kinder rechtsfähig sind. Hier gilt, dass eben keine volle Rechtsfähigkeit besteht (vgl. Schmitt in: MünchKomm BGB, 7. Aufl. 2015, § 1 Rn. 26). Am ehesten passt auf den vorliegenden Fall für eine vergleichende Betrachtung in der Tat die zuerkannte Erbfähigkeit des ungeborenen Kindes i.S.d. § 1923 Abs. 2 BGB. Denn dies wirft die Frage auf, ob ein ungeborenes Kind dann nicht auch alternativ hierzu beschenkt werden kann. Zumal in einer solchen Konstellation wie vorliegend. Eltern beschenken ihre Kinder ja typischerweise aufgrund des Verwandtschaftsverhältnisses und reichen daher – mitunter schon Jahre vor dem Erbfall – Teile ihres Vermögens an ihre Kinder weiter (Gedanke der vorweggenommenen Erbfolge). Auch wenn eine schwangere Frau naturgemäß und in Anbetracht der durchschnittlichen Lebenserwartung noch mehrere Jahrzehnte zu leben haben dürfte, so gibt es doch gewisse Parallelen zwischen dem Eigentumsübergang im Verhältnis Elternteil/Kind qua gesetzlicher oder gewillkürter Erbfolge und dem Eigentumsübergang qua Schenkung. Im Prinzip wäre auch die vergleichende Frage zu stellen, was denn mit Registereintragungen ist, wenn das ungeborene Kind einen Elternteil (typischerweise den Vater) etwa bei einem Unfall beerbt und in der Erbmasse ebenfalls Gesellschaftsanteile vorhanden sind. Auch dann müsste die Frage nach der Eintragungsfähigkeit in das Handelsregister eine Rolle spielen, die aber soweit ersichtlich bislang ebenfalls in diesem Kontext noch nicht beantwortet wurde. Das mag allerdings daran liegen, dass das ungeborene Kind wegen der Vermischung aus Ehegattenerbrecht und Abkömmlingserbrecht sowie oftmals mehreren Abkömmlingen regelmäßig sowieso nicht Alleinerbe wird und über die Erbauseinandersetzung so viel Zeit vergeht, dass mittlerweile die Geburt erfolgt ist. Außerdem ist daran zu denken, dass § 1923 Abs. 2 BGB eben keine Rechtsfähigkeit im Mutterleib zuerkennt, sondern nur ab Geburt eine Rückwirkungsfiktion begründet (vgl. Müller-Christmann in: BeckOK-BGB, 44. Ed. 01.11.2017, § 1923 Rn. 10; Leipold in: MünchKomm BGB, 7. Aufl. 2017, § 1923 Rn. 27). Diesen allgemeinen Rechtsgedanken wendet das Oberlandesgericht vorliegend konsequent auf die Schenkung von Gesellschaftsanteilen an und erweitert ihn sachlich für Zwecke der Eintragung in das Handelsregister.
D. Auswirkungen für die Praxis
Die Auswirkungen für die Praxis sind überschaubar. Gottlob kommen nicht viele Personen auf die Idee, ihren ungeborenen Kindern Gesellschaftsanteile zuwenden zu wollen. Der erste Registereintrag, den ein Kind als Betroffener erlebt, sollte die Eintragung in das Geburtenregister bleiben.
Dennoch: Das OLG Celle hat zu Recht die Rechtsbeschwerde zum BGH mit der Begründung zugelassen, dass es zur Frage der Eintragungsfähigkeit der Gesellschafterstellung eines ungeborenen Kindes in das Handelsregister bisher noch keine Entscheidung gibt, die Sache also von grundsätzlicher Bedeutung ist. Zu ergänzen bleibt, dass es hierzu auch keinerlei Literatur gibt. Zu hoffen bleibt, dass tatsächlich Rechtsbeschwerde eingelegt wird und der Fall damit ein für alle mal höchstrichterlich zu den Akten gelegt wird.
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