Nachfolgend ein Beitrag vom 16.7.2018 von Steinhauff, jurisPR-SteuerR 28/2018 Anm. 2

Leitsatz

Der Inhaber des Handelsgewerbes, an dem sich ein anderer atypisch still beteiligt, verfügt auch während des Bestehens der atypisch stillen Gesellschaft ertragsteuerlich über ein eigenes Vermögen, das neben dem Betriebsvermögen besteht, das ertragsteuerlich der atypisch stillen Gesellschaft als mitunternehmerisches Vermögen zugerechnet wird.

A. Problemstellung

Da ertragsteuerlich der Inhaber des Handelsgewerbes, der sich an einer atypisch stillen Gesellschaft beteiligt, auch über eigenes Vermögen verfügt, weil ihm die der atypisch stillen Gesellschaft zuzurechnenden Wirtschaftsgüter entsprechend seinem Anteil zuzurechnen sind, waren ihm der für die Veräußerung seines Mitunternehmeranteils in sein Vermögen gezahlte Kaufpreis gewinnwirksam zuzurechnen und nicht wie im Falle einer Zahlung in das Betriebsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft sämtlichen Mitunternehmern.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Klägerin zu 1) ist eine GmbH, an deren Stammkapital (51.300 DM/26.229,27 Euro) ursprünglich H und S mit jeweils 22.800 DM sowie die Beigeladene zu 1) mit 5.700 DM beteiligt waren. Letztere war seit Juni 1997 mit einer Einlage von 17.100 DM (25%) zugleich atypisch stille Gesellschafterin der Klägerin zu 1). Am 08.09.2003 schlossen die Klägerin zu 1), die Beigeladene zu 1) und der Beigeladene zu 2) einen Vertrag über eine atypisch stille Gesellschaft, demzufolge sich die Beigeladenen mit Wirkung vom 01.01.2003 als (atypisch) stille Gesellschafter an dem Geschäftsbetrieb der Klägerin zu 1) beteiligten. Am vorgesehenen Festkapital der atypisch stillen Gesellschaft von 36.000 Euro sollten die Klägerin zu 1) mit einem Anteil von 15.000 Euro und die Beigeladenen mit Anteilen von 9.000 Euro bzw. 12.000 Euro beteiligt sein. Die Einlage der Klägerin zu 1) wurde durch die Zurverfügungstellung ihres Handelsgeschäfts erbracht. Die Beigeladene zu 1) hatte ihre bereits in das Vermögen der Klägerin zu 1) geleistete Einlage von 17.100 DM (8.743,09 Euro) um 256,91 Euro zu erhöhen. Der Beigeladene zu 2) war verpflichtet, X Euro „in das Vermögen der Klägerin zu 1.“ zu zahlen. Dabei sollte der den Anteil am Festkapital übersteigende Betrag von Y Euro als Agio erfasst werden. Mit Vertrag vom 09.09.2003 veräußerte H ihren Anteil an der Klägerin zu 1) von nunmehr 12.000 Euro zum Preis von X Euro an diese selbst. Mit notariellem Vertrag vom 09.09.2003 veräußerte H ihren Anteil an der Klägerin zu 1) von nunmehr 12.000 Euro zum Preis von X Euro an diese selbst.
Das Finanzamt wies das Agio im Rahmen der Gewinnfeststellung für 2003 (Gewinnfeststellungsbescheid vom 07.11.2008) als „Sonderbetriebseinnahme“ der Klägerin zu 1) aus. Der hiergegen gerichtete Einspruch, der sich u.a. gegen die Gewinnerhöhung von Y Euro wandte, hatte insoweit keinen Erfolg. Das Finanzamt erfasste den streitigen Betrag in Höhe von Z Euro (75%) bei der Klägerin zu 1) und im Übrigen (in Höhe von P Euro, 25%) bei der Beigeladenen zu 1). Zudem vertrat es nun die Auffassung, der Beigeladene zu 2) habe das Agio als Kosten der Anschaffung eines Firmenwerts in einer positiven Ergänzungsbilanz zu aktivieren und über 15 Jahre abzuschreiben.
Das Finanzgericht (FG Saarbrücken, Urt. v. 01.07.2015 – 1 K 1414/12 – EFG 2015, 1732) wies die Klage nach Beiladung der stillen Gesellschafter als unbegründet ab. Auf die Revision der Klägerin zu 2) hob der BFH das angefochtene Urteil auf und entschied in der Sache selbst. Die Revision der Klägerin zu 1) wies er als unbegründet zurück. Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts richte sich die Klage nicht gegen die Feststellung eines laufenden Gesamthandsgewinns und seine Verteilung auf die Feststellungsbeteiligten, sondern gegen die jeweilige Feststellung eines Veräußerungsgewinns der Klägerin zu 1) und der Beigeladenen zu 1). Der BFH führte im Einzelnen aus:
I. Selbstständige Regelung im Rahmen der Feststellung eines Gewinnfeststellungsbescheides seien insbesondere die Qualifikation der Einkünfte, das Bestehen einer Mitunternehmerschaft und wer an ihr beteiligt sei, die Höhe des laufenden Gesamthandsgewinns sowie dessen Verteilung auf die Mitunternehmer und die Höhe eines Sondergewinns bzw. einer Sondervergütung. Selbstständig anfechtbar sei auch die Feststellung eines Veräußerungs- oder Aufgabegewinns nach § 16 EStG jedenfalls des einzelnen Mitunternehmers (z.B. BFH, Urt. v. 16.03.2017 – IV R 31/14 Rn. 18 – BFHE 257, 292 = BFH/NV 2017, 1093, dazu Pfützenreuter, jurisPR-SteuerR 35/2017 Anm. 3). Als Veräußerungsgewinn i.S.d. § 16 Abs. 1 EStG gelte dabei auch ein sog. Einbringungsgewinn i.S.d. § 24 UmwStG, denn die Einbringung eines Mitunternehmeranteils in eine Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten sei grundsätzlich als Veräußerung des Mitunternehmeranteils durch den Einbringenden an die Personengesellschaft i.S.d. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu verstehen („tauschähnlicher Vorgang“, vgl. BFH, Urt. v. 30.03.2017 – IV R 11/15 Rn. 31 f. – BFHE 257, 324 = BFH/NV 2017, 1125; Anm. Pfützenreuter, jurisPR-SteuerR 34/2017 Anm. 4).
II. Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts sei als Klägerin nicht nur die GmbH (Klägerin zu 1)), sondern auch die Prozessbevollmächtigte als Klagebevollmächtigte der atypisch stillen Gesellschaft (Klägerin zu 2)) anzusehen. Das ergebe eine Auslegung des Klagebegehrens. Der BFH könne die Klageschrift ohne Bindung an die Feststellungen des Finanzgerichts selbst auslegen (z.B. BFH, Urt. v. 20.08.2015 – IV R 41/12 Rn. 20 m.w.N.).
Die Klage richte sich gegen die gewinnerhöhende Erfassung des „Agios“ in Höhe von Y Euro und die Zurechnung als Veräußerungsgewinn der GmbH, d.h. der Klägerin zu 1), und der Beigeladenen zu 1). Insoweit seien die GmbH und die Beigeladene zu 1) nach § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO klagebefugt, denn bei Feststellung eines Veräußerungsgewinns des einzelnen Feststellungsbeteiligten handele es sich um eine Frage, die diesen Beteiligten i.S.d. § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO persönlich angehe. Das Klagebegehren sei aber auch gegen die Feststellung eines solchen Veräußerungsgewinns der Beigeladenen zu 1) gerichtet. Insoweit sei aber nicht die Klägerin zu 1) für die atypisch stille Gesellschaft klagebefugt, sondern – neben der Beigeladenen zu 1), die keine Klage erhoben habe – nur die Prozessbevollmächtigte als Klagebevollmächtigte der atypisch stillen Gesellschaft.
Unter Berücksichtigung der Umstände des Streitfalls sei die von der Prozessbevollmächtigten eingereichte Klageschrift rechtsschutzgewährend dahin auszulegen, dass neben der GmbH als (nur) nach § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO Klagebefugter auch die Prozessbevollmächtigte als Empfangsbevollmächtigte der atypisch stillen Gesellschaft und damit als nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2, Abs. 2 FGO klagebefugte Klagebevollmächtigte Klage erhoben habe.
III. Die Revision der Klägerin zu 2) sei teilweise begründet. Das Finanzgericht habe bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt, dass der Inhaber des Handelsgewerbes, an dem sich andere atypisch still beteiligten, auch während des Bestehens der atypisch stillen Gesellschaft ertragsteuerlich weiterhin über ein eigenes, von dem der atypisch stillen Gesellschaft zu trennendes Vermögen verfüge und habe deshalb nicht in Betracht gezogen, dass der Beigeladene zu 2) den Betrag von X Euro für den Erwerb eines Anteils an der atypisch stillen Gesellschaft auch in dieses ertragsteuerlich allein der Klägerin zu 1) als der Inhaberin des Handelsgewerbes zuzurechnende Vermögen gezahlt haben könne.
IV. Begründe der Inhaber eines Handelsgewerbes an seinem gesamten Betrieb eine stille Gesellschaft und sei die Gesellschaft ertragsteuerlich als Mitunternehmerschaft anzusehen, weil der stille Gesellschafter Mitunternehmerinitiative entfalten könne und Mitunternehmerrisiko trage, entstehe eine atypisch stille Gesellschaft als eigenständige Mitunternehmerschaft. Deren Mitunternehmer seien der Inhaber des Handelsgewerbes und der oder – wenn sich mehrere am gesamten Handelsgewerbe des Inhabers atypisch still beteiligen – die (atypisch) still Beteiligten. Für die Dauer des Bestehens der atypisch stillen Gesellschaft werde das Unternehmen des Inhabers des Handelsgewerbes ertragsteuerlich dieser Mitunternehmerschaft zugeordnet. Das Betriebsvermögen des Inhabers des Handelsgewerbes werde dadurch mitunternehmerisches Vermögen, welches vom Inhaber des Handelsgewerbes im eigenen Namen, aber für Rechnung der Mitunternehmerschaft verwaltet werde. Demgemäß stehe auch der erwirtschaftete Gewinn der Mitunternehmerschaft zu und werde auf die Mitunternehmer, also den Inhaber des Handelsgewerbes und den bzw. die stillen Gesellschafter, nach den Abreden im Gesellschaftsvertrag über die stille Gesellschaft verteilt (z.B. BFH, Urt. v. 18.06.2015 – IV R 5/12 Rn. 31 – BStBl II 2015, 935). Die Entstehung einer atypisch stillen Gesellschaft sei ertragsteuerlich also insoweit wie eine Einbringung des Betriebs des Inhabers des Handelsgewerbes in die stille Gesellschaft i.S.d. § 24 UmwStG zu würdigen (z.B. BFH, Urt. v. 08.12.2016 – IV R 8/14 Rn. 16 – BStBl II 2017, 538 m.w.N., dazu Schießl, jurisPR-SteuerR 13/2017 Anm. 4). Im Ergebnis werde die atypisch stille Gesellschaft für steuerliche Zwecke wie eine im Innenverhältnis bestehende (fiktive) KG behandelt (BFH, Urt. v. 21.12.2017 – IV R 44/14 Rn. 26 – BFH/NV 2018, 407).
V. Dies bedeute jedoch nicht, dass der Inhaber des Handelsgewerbes für die Dauer des Bestehens der atypisch stillen Gesellschaft ertragsteuerlich über kein eigenes Vermögen mehr verfüge. Der Umstand, dass die Begründung einer atypisch stillen Gesellschaft ertragsteuerlich wie eine Einbringung des Betriebs des Inhabers des Handelsgewerbes in die stille Gesellschaft i.S.d. § 24 UmwStG zu würdigen sei, führe vielmehr dazu, dass der Inhaber des Handelsgewerbes nunmehr vergleichbar dem persönlich haftenden Gesellschafter einer KG als Mitunternehmer an der atypisch stillen Gesellschaft beteiligt sei. Ihm seien ertragsteuerlich die dem Betriebsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft zuzurechnenden Wirtschaftsgüter entsprechend seinem Anteil zuzurechnen. Er erziele aus der mitunternehmerischen Beteiligung an der atypisch stillen Gesellschaft Einkünfte nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG. Dies setze ein eigenes, von dem der atypisch stillen Gesellschaft zu trennendes Vermögen voraus. Sei Inhaber des Handelsgewerbes, wie im Streitfall, eine Kapitalgesellschaft (hier: eine GmbH), so handele es sich bei dem eigenen Vermögen um Betriebsvermögen. Denn eine Kapitalgesellschaft verfüge mangels außerbetrieblicher Sphäre nicht über Privatvermögen (vgl. BFH, Urt. v. 22.08.2007 – I R 32/06 – BStBl II 2007, 961 m.w.N., dazu Heger, jurisPR-SteuerR 49/2007 Anm. 5). Auch wenn zivilrechtlich nur ein einziges Gesellschaftsvermögen des Inhabers des Handelsgewerbes bestehe, in das der (atypisch) still Beteiligte nach § 230 HGB seine Einlage leisten müsse, sei ertragsteuerlich für die Dauer des Bestehens der atypisch stillen Gesellschaft demnach von einem mitunternehmerischen Betriebsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft und einem davon zu unterscheidenden eigenen Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes auszugehen.
VI. Die vom Finanzgericht festgestellten Tatsachen und die Regelungen im Gesellschaftsvertrag ließen nur den Schluss zu, dass die Klägerin zu 1) einen Teil ihres Mitunternehmeranteils an der atypisch stillen Gesellschaft im Nennbetrag von 12.000 Euro an den Beigeladenen zu 2) veräußert habe und der Beigeladene zu 2) den dafür zu entrichtenden Kaufpreis von X Euro in das eigene Betriebsvermögen der Klägern zu 1) und nicht in das für die Dauer ihres Bestehens ertragsteuerlich der atypisch stillen Gesellschaft zuzurechnende, als deren mitunternehmerisches Vermögen zu behandelnde Betriebsvermögen gezahlt habe.
Eine Zahlung dieses Betrags in das als mitunternehmerisches Vermögen der atypisch stillen Gesellschaft zu behandelnde Betriebsvermögen hätte nicht dem Willen der Parteien entsprochen. Da es sich bei dem Betriebsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft um dem Gesamthandsvermögen einer Außengesellschaft vergleichbares, allen Mitunternehmern zustehendes Vermögen handele, wäre in diesem Fall eine Zahlung des Betrags von X Euro anteilig auch den anderen an der atypisch stillen Gesellschaft Beteiligten, also den Beigeladenen, zugutegekommen. Es sei aber nicht ersichtlich, weshalb auch den Beigeladenen der Betrag von X Euro anteilig hätte zustehen sollen, obwohl allein der Mitunternehmeranteil der Klägerin zu 1) an der atypisch stillen Gesellschaft gemindert worden sei. Aus Sicht der Beigeladenen wäre andererseits nicht ersichtlich, weshalb sie bei unterstellter Zahlung in das mitunternehmerische Vermögen dessen Verwendung zum Erwerb eigener Geschäftsanteile durch die Klägerin zu 1) zugestimmt haben sollten, denn dieser Erwerb lag allein im Interesse der Klägerin zu 1).
VII. Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehörten nach § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG auch Gewinne, die bei Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils erzielt würden. Der Gewinn aus der Veräußerung eines solchen Teil-Mitunternehmeranteils sei nach § 16 Abs. 2 EStG zu ermitteln (BFH, Urt. v. 20.08.2015 – IV R 34/12 Rn. 19 – BFH/NV 2016, 41; Anm. Hahn, jurisPR-SteuerR 8/2016 Anm. 7). Gehe man davon aus, dass keine neue (zweite) atypisch stille Gesellschaft gegründet worden sei, sondern die Klägerin zu 1) lediglich einen Anteil ihres Mitunternehmeranteils im Nennbetrag von 12.000 Euro zu einem Preis von X Euro an den Beigeladenen zu 2) veräußert habe, sei ihr daraus nach § 16 Abs. 2 EStG ein (nicht tarifbegünstigter) Veräußerungsgewinn in Höhe von Y Euro entstanden.
Zum gleichen Ergebnis komme man, wenn man davon ausgehe, dass eine neue (zweite) atypisch stille Gesellschaft begründet worden sei, in die die Klägerin zu 1) und die Beigeladene zu 1) ihre Mitunternehmeranteile an der alten atypisch stillen Gesellschaft eingebracht hätten. Denn eine steuerneutrale Buchwerteinbringung in entsprechender Anwendung von § 24 UmwStG komme nur insoweit in Betracht, als die Mitunternehmer ihre Mitunternehmeranteile für eigene Rechnung einbrächten. Soweit die Einbringung für fremde Rechnung erfolge, entstehe ein Veräußerungsgewinn i.S.d. § 16 Abs. 1 EStG.
Die Einbringung eines Mitunternehmeranteils in eine Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten sei grundsätzlich als Veräußerung des Mitunternehmeranteils durch den Einbringenden an die Personengesellschaft zu verstehen („tauschähnlicher Vorgang“). Der Einbringende erziele daher grundsätzlich Einkünfte nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Soweit § 24 UmwStG für eine solche Einbringung allerdings Sonderregelungen enthalte, gingen diese als spezielleres Gesetz den Regelungen des § 16 EStG vor.
VIII. Nach § 24 Abs. 2 Satz 1 UmwStG dürfe die Personengesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen in ihrer Bilanz mit dem Buchwert ansetzen. Dieser Wert gelte nach § 24 Abs. 3 Satz 1 UmwStG für den Einbringenden als Veräußerungspreis. Veräußerungsgewinn sei nach § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteige. Demzufolge entstehe nach der im Streitjahr geltenden Rechtslage durch die Einbringung eines Mitunternehmeranteils unter Wahl der Buchwertfortführung kein Veräußerungsgewinn, wenn der Einbringende nur Gesellschaftsrechte oder aber neben den Gesellschaftsrechten andere Gegenleistungen von der Personengesellschaft erhalte und die Summe der Gutschrift auf einem Kapitalkonto der Personengesellschaft und des gemeinen Werts der Gegenleistung den Buchwert des eingebrachten Mitunternehmeranteils nicht übersteige (z.B. BFH, Urt. v. 30.03.2017 – IV R 11/15 Rn. 32 – BFHE 257, 324).
IX. Ein Wahlrecht zur Buchwertfortführung, wie es in § 24 Abs. 2 Satz 1 UmwStG vorgesehen sei, bestehe hingegen nicht, wenn ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil gegen Geld oder andere Wirtschaftsgüter veräußert werde. In diesem Fall entstehe vielmehr ein Veräußerungsgewinn i.S.d. § 16 EStG, der ggf. nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG tarifbegünstigt sei. Der Besteuerung eines solchen Gewinns liege die Erwägung zugrunde, dass damit das bisherige unternehmerische Engagement beendet und das vorhandene Betriebsvermögen veräußert werde. Der Gewinn sei im Zeitpunkt der Veräußerung zu versteuern.
X. Die Tatbestände der Veräußerung i.S.d. § 16 EStG und der Einbringung von Betriebsvermögen könnten miteinander verbunden sein. Ein solcher Fall liege vor, wenn ein neuer Gesellschafter gegen (Zu-)Zahlung eines Entgelts an die Altgesellschafter in eine Personengesellschaft eintrete. Einbringende seien in diesem Fall die Altgesellschafter, welche die (ideellen) Anteile ihres Betriebsvermögens (ihre Mitunternehmeranteile) in die erweiterte Personengesellschaft einbrächten. Habe der Neugesellschafter hierfür ein Entgelt an die Altgesellschafter zu entrichten, erfolge die Einbringung insoweit auf fremde Rechnung, d.h. auf Rechnung des Neugesellschafters, und nur im Übrigen auf eigene Rechnung. Soweit die Einbringung auf fremde Rechnung erfolge, sei § 24 UmwStG nicht anwendbar. Diese Vorschrift erfasse nur die für eigene Rechnung des Einbringenden vollzogene Einbringung des Betriebsvermögens, d.h. der Einbringende müsse durch die Einbringung selbst die Rechtsstellung eines Gesellschafters und Mitunternehmers der (erweiterten) Personengesellschaft erlangen (z.B. BFH, Urt. v. 17.09.2014 – IV R 33/11 – BStBl II 2015, 717 m.w.N.).
Selbst bei Annahme einer neuen (zweiten) atypisch stillen Gesellschaft läge danach nur insoweit eine steuerneutrale Einbringung zu Buchwerten in entsprechender Anwendung des § 24 UmwStG vor, als die Beigeladene zu 1) und die Klägerin zu 1) ihre Mitunternehmeranteile in die atypisch stille Gesellschaft für eigene Rechnung gegen Erwerb mitunternehmerschaftlicher Rechte an der neuen Mitunternehmerschaft eingebracht hätten. Das träfe zwar in vollem Umfang für die Beigeladene zu 1) zu, für die Klägerin zu 1) hingegen nur im Umfang der Einbringung eines Anteils im Nennbetrag von 15.000 Euro. Denn nur in diesem Umfang hätte sie Anteile gegen Gewährung von mitunternehmerschaftlichen Rechten an der neuen Mitunternehmerschaft in diese eingebracht. Im Umfang eines Nennbetrags von 12.000 Euro läge hingegen eine Einbringung für Rechnung des Beigeladenen zu 2) vor. Insoweit habe sie als Gegenleistung keine mitunternehmerschaftlichen Rechte, sondern einen Betrag von X Euro durch den Beigeladenen zu 2) erhalten. Dieser Vorgang unterfiele nicht § 24 UmwStG, vielmehr läge auch insoweit eine Veräußerung eines Teil-Mitunternehmeranteils i.S.d. § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG vor, die zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn von Y Euro führte.
Nur die Klägerin zu 1) habe danach einen Teil ihres Mitunternehmeranteils an der atypisch stillen Gesellschaft veräußert und daraus einen Veräußerungsgewinn i.S.d. § 16 EStG in Höhe von Y Euro erzielt. Die Feststellung eines Veräußerungsgewinns für die Beigeladene zu 1) sei danach rechtswidrig. Auf die Klage der Klägerin zu 2) sei danach der Gewinnfeststellungsbescheid vom 07.11.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.10.2012 dahin zu ändern, dass für die Beigeladene zu 1) kein Veräußerungsgewinn i.S.d. § 16 EStG festgestellt werde. Im Übrigen sei die Klage der Klägerin zu 2) als unbegründet abzuweisen. Denn das Finanzamt habe in dem angegriffenen Gewinnfeststellungsbescheid zu Recht einen Veräußerungsgewinn der Klägerin zu 1) festgestellt. Er sei zwar nur in Höhe von Z Euro festgestellt; einer Erhöhung des in dieser Höhe festgestellten Veräußerungsgewinns um P Euro auf Y Euro stehe allerdings das finanzgerichtliche Verböserungsverbot entgegen.
XII. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen komme es durch die Erfassung des Veräußerungsgewinns der Klägerin zu 1) nicht zu einer unzulässigen Doppelbesteuerung. Es würden zwar die nämlichen stillen Reserven bei zwei Personen erfasst, insgesamt aber nur einmal besteuert. Denn der nämliche Betrag werde nur zum Teil auf der Ebene der Gesellschaft, d.h. der Klägerin zu 1), mit dem Körperschaftsteuersatz besteuert und zum anderen Teil auf der Ebene ihrer ehemaligen Gesellschafterin, der H, die ihn nach § 17 EStG i.V.m. § 3 Nr. 40 Buchst. c EStG nach dem Halbeinkünfteverfahren zu versteuern habe.
Die Revision der Klägerin zu 1) sei danach unbegründet, denn das Finanzgericht habe im Ergebnis zu Recht den angegriffenen Gewinnfeststellungsbescheid hinsichtlich des darin festgestellten Veräußerungsgewinns der Klägerin zu 1) bestätigt.

C. Kontext der Entscheidung

Eine Innengesellschaft wie die atypisch stille Gesellschaft kann als solche nicht Beteiligte eines finanzgerichtlichen Verfahrens sein, das die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung betrifft. Denn bei der Innengesellschaft kommt eine Vertretung, d.h. ein rechtsgeschäftliches Handeln für die Gesellschaft im Außenverhältnis, nicht in Betracht. Die Innengesellschaft hat keine Organe und keine Bevollmächtigten. Die Rolle des nicht vorhandenen Geschäftsführers übernimmt bei der atypisch (mitunternehmerischen) stillen Gesellschaft oder einer ähnlichen Innengesellschaft gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2, Abs. 2 FGO, § 183 AO der Empfangsbevollmächtigte als Klagebevollmächtigter. Diesem stehen deshalb dieselben prozessualen Befugnisse zu wie einem vertretungsberechtigten Geschäftsführer nach dem Regeltatbestand des § 48 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 FGO; er handelt im eigenen Namen im Interesse der Feststellungsbeteiligten und damit für diese als gesetzlicher Prozessstandschafter (vgl. z.B. BFH, Urt. v. 12.05.2016 – IV R 27/13 Rn. 16 – BFH/NV 2016, 1559, dazu Spieker, jurisPR-FamR 26/2016 Anm. 1; BFH, Urt. v. 21.12.2017 – IV R 44/14 Rn. 14 f. – BFH/NV 2018, 407; Steinhauff in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 48 FGO Rn. 140 ff. m.w.N.).

D. Auswirkungen für die Praxis

Die Besprechungsentscheidung stellt anschaulich die ertragsteuerlichen Folgen der Aufnahme eines neuen stillen Gesellschafters als Mitunternehmer in eine atypisch stille Gesellschaft unter Zahlung des Kaufpreises für den Erwerb eines Gesellschaftsanteils an den übertragenden Inhaber des Handelsgewerbes dar.
Verfahrensrechtlich gelangt der BFH im Wege einer rechtsschutzgewährenden Auslegung zu dem Ergebnis, dass neben dem Inhaber des Handelsgewerbes als (beschränkt, vgl. Steinhauff in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 48 FGO Rn. 256) nach § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO Klagebefugtem der Prozessbevollmächtigte als Empfangsbevollmächtigter der atypisch stillen Gesellschaft zusätzlich nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2, Abs. 2 FGO als – umfassend – klagebefugter Klagebevollmächtigter ebenfalls Klage erhoben hat.

Eigenes Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes während des Bestehens einer atypisch stillen Gesellschaft
Carsten OehlmannRechtsanwalt
  • Fachanwalt für Steuerrecht
  • Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
  • Fachanwalt für Erbrecht
  • Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)
Eigenes Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes während des Bestehens einer atypisch stillen Gesellschaft
Thomas HansenRechtsanwalt
  • Fachanwalt für Steuerrecht
  • Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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