Einen Rückgang um 4,2 % verzeichnen die Rechtsanwaltskammern bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen im Vergleich zu 2015. Gründe hierfür sind neben weiteren Faktoren einerseits die weiterhin vergleichsweise geringe Vergütung der Ausbildung, andererseits auch der Rückgang der Ausbildungsbereitschaft der Kanzleien selbst. Die Ausbildungskampagne des DAV soll im kommenden Jahr neu aufgelegt werden und verstärkt um Auszubildende werben.

Quelle: DAV-Depesche Nr. 41/16 vom 20. Oktober 2016


Anmerkung: Das Berufsbild der/des Rechtsanwaltsfachangestellten ist in der Wahrnehmung der potentiellen Bewerber für einen Ausbildungsplatz bedauerlicherweise geprägt von der unzutreffenden Vorstellung einer kombinierten Telefon- und Schreibkraft. Dieses Bild wird noch befördert durch eine Vielzahl von kleineren Kanzleien / Einzelanwälten, die nach eigener Anschauung des Verfassers tatsächlich noch so strukturiert sind. Der/die Inhaber/in kümmert sich um den gesamten Zahlungsverkehr selbst und gibt dann monatlich schmale Ordner zu einem befreundeten Steuerbüro zur Umsetzung der Finanzbuchhaltung. Dies ist gerade bei Kollegen, die den Zenit ihrer Berufstätigkeit bereits deutlich überschritten haben, auch heute noch nicht selten anzutreffen. Mit der Wirklichkeit in modern geführten (vornehmlich größeren) Kanzleien hat dies jedoch nichts gemein.

Heute üben Rechtsanwaltsfachangestellte vielfach klare Manager-Funktionen in einer Kanzlei aus, organisieren den gesamten Kanzleiablauf in allen in Betracht kommenden Bereichen, delegieren eigenständig Tätigkeiten an andere Mitarbeiter und sind wesentlich wichtiger für die Funktionsfähigkeit einer Kanzlei, als dies vielfach Rechtsanwälte/innen selbst sind, den oder die Inhaber einmal ausgenommen. Selbstverständlich schlägt sich dieses dann auch im Gehaltsniveau nieder. Gut ausgebildete und erfahrene Rechtsanwaltsfachangestellte erreichen mittlerweile die Einstiegsgehälter von Rechtsanwälten oder übertreffen diese gar. Dies liegt auch an dem Umstand, dass ausgebildete Rechtsanwaltsfachangestellte am Arbeitsmarkt im Gegensatz zu Volljuristen kaum verfügbar sind.

Problematisch ist allerdings die Ausbildungsvergütung der Rechtsanwaltsfachangestellten. Dass hier von vielen Kollegen eher niedrige Ausbildungsvergütungen gezahlt werden, dürfte schlichtweg in dem Umstand begründet liegen, dass diese – im Gegensatz zu Steuerfachangestellten – während der Ausbildung kaum selbst Umsätze generieren und zudem nur sehr langsam und tageweise in den Ablauf einer kleineren oder mittleren Kanzlei integriert werden können. Die durch den Besuch der Berufsschule bedingten Abwesenheitstage führen dann dazu, dass ein Kanzleiablauf in zeitlicher Hinsicht quasi um den Auszubildenden herum organisiert werden muss, um diesem zumindest eine schrittweise Integration zu ermöglichen. In größeren Kanzleien „läuft“ der Auszubildende ohne Änderung der bestehenden Struktur einfach mit. Dies birgt allerdings oft den Nachteil, dass die Befassung mit den eigentlichen Aufgaben in der Praxis eines/einer Rechtsanwaltsfachangestellten kaum stattfindet. Auszubildende vergleichen untereinander auch häufig die Bruttovergütung, was zu einer Verzerrung des Bildes führt. Optimierte Nettovergütungen, angereichert etwa durch die Zuverfügungstellung eines kostenlosen Diensthandys (mit unbegrenzter Privatnutzung), Zahlung von Fahrtkostenzuschüssen oder Überlassung von Tankgutscheinen o.ä., lassen dann den Vergütungsvergleich häufig in einem anderen Licht erscheinen.

Im Verhältnis zu anderen Ausbildungsberufen ist bei dem Beruf des/der Rechtsanwaltsfachangestellten oft auch eine ganz andere Berufsperspektive gegeben. Angesichts der enormen Marktnachfrage und dem aus eigener Erfahrung sehr überschaubaren Angebot wird es künftig kaum jemals einen arbeitslosen Rechtsanwaltsfachangestellten geben. Unsere Kanzlei hat dies seit langem verstanden und bietet seit Jahren stets zumindest einem/einer Auszubildenden einen Ausbildungsplatz. Anschließende Übernahme in ein Festanstellungsverhältnis (ggf. auch Teilzeit auf Wunsch) nicht ausgeschlossen.