Nachfolgend ein Beitrag vom 31.7.2017 von Pfützenreuter, jurisPR-SteuerR 31/2017 Anm. 1

Leitsätze

1. Die steuerliche Berücksichtigung der Aufwendungen für AfA eines vom Nichteigentümer-Ehegatten betrieblich genutzten Gebäudeteils setzt voraus, dass dieser die Anschaffungskosten getragen hat.
2. Zahlungen von einem gemeinsamen Konto der Ehegatten gelten unabhängig davon, aus wessen Mitteln das Guthaben auf dem Konto stammt, jeweils für Rechnung desjenigen geleistet, der den Betrag schuldet, sofern keine besonderen Vereinbarungen getroffen wurden.

A. Problemstellung

Die vom Steuerpflichtigen getragenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines fremden Gebäudes, das er zu betrieblichen Zwecken nutzen darf, sind bilanztechnisch „wie ein materielles Wirtschaftsgut“ zu behandeln und nach den für Gebäude geltenden AfA-Regeln abzuschreiben.
Der BFH hatte zu entscheiden, ob die Herstellungskosten auch dann vom Steuerpflichtigen „getragen“ werden, wenn sein Ehegatte, in dessen Eigentum das Gebäude steht, das von diesem aufgenommene Darlehen von einem (im Wesentlichen durch die Einnahmen des Steuerpflichtigen gefülltes) Gemeinschaftskonto tilgt. Er hat dies verneint.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die Kläger sind Eheleute, die 2001 gemeinschaftlich ein bebautes Grundstück erwarben. Zur Finanzierung schloss die Klägerin Darlehensverträge, für deren Erfüllung sich der Kläger verbürgte. Die Zins- und Tilgungsleistungen für das Darlehen erfolgten von einem gemeinsamen Bankkonto der Kläger, das als Oder-Konto (Gemeinschaftskonto mit Einzelverfügungsbefugnis) geführt wurde. Dieses Konto wurde im Wesentlichen aus Einnahmen des Klägers aus seiner selbstständigen Tätigkeit gespeist. Nach Erwerb teilten die Kläger das Objekt in Wohnungseigentum auf. Das Erdgeschoss stand danach im Alleineigentum der Klägerin, das Obergeschoss gehörte dem Kläger und wurde zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Auf der Grundlage eines (steuerlich nicht anerkannten) Mietvertrages nutzte der Kläger das Erdgeschoss für seine Naturheilkundepraxis.
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2006) machte der Kläger u.a. AfA und Schuldzinsen als Betriebsausgaben geltend, was das Finanzamt nicht anerkannte (anders als einen Teil der Grundsteuer und der Schornsteinfegergebühr). Die Klage war erfolgreich (FG Düsseldorf, Urt. v. 12.02.2014 – 7 K 407/13 E – DStRE 2015, 131).
Auf die vom Finanzgericht zugelassene Revision des Finanzamts hat der BFH die Klage jedoch abgewiesen. Weder die AfA noch die Schuldzinsen seien als Betriebsausgaben des Klägers zu erfassen. Da der Kläger nicht zivilrechtlicher und auch nicht wirtschaftlicher Eigentümer der von ihm genutzten Räume gewesen sei, sei – so der BFH – die AfA-Berechtigung maßgeblich davon abhängig, ob der Kläger auf das fremde Wirtschaftsgut eigene Aufwendungen im betrieblichen Interesse getätigt habe. Dies sei nicht der Fall, weil es sich bei den Zins- und Tilgungsleistungen von dem gemeinsamen Oder-Konto um Aufwendungen der Klägerin für die Anschaffung des in ihrem Eigentum stehenden Gebäudeteils gehandelt habe. Die Zahlungen seien für ihre Rechnung geleistet worden, da sie allein die Rückzahlung des Darlehens geschuldet habe. Bei der Zurechnung von Zahlungen von einem Oder-Konto sei gleichgültig, aus wessen Mitteln das Guthaben auf dem Konto stamme.
Auch die Schuldzinsen könnten nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Diese seien ebenfalls von dem gemeinschaftlichen Oder-Konto der Kläger gezahlt worden, so dass sie auf Rechnung der Klägerin als Darlehensnehmerin geleistet worden seien. Insoweit bestehe kein Unterschied zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Die Schuldzinsen seien – ebenso wie die auf die Praxisräume entfallenden abschreibungsfähigen Anschaffungskosten – auch nicht als Drittaufwand beim Kläger zu berücksichtigen, da sie von der Klägerin als Darlehensnehmerin aufgewendet worden seien.

C. Kontext der Entscheidung

I. Die Berechtigung zur Vornahme von AfA setzt nicht voraus, dass der Steuerpflichtige Eigentümer des Wirtschaftsguts ist, für das er Aufwendungen getätigt hat. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob er Aufwendungen im betrieblichen Interesse trägt. Der BFH leitet in gefestigter Rechtsprechung aus dem allen Einkunftsarten zugrunde liegenden objektiven Nettoprinzip ab, dass zur Einkunftserzielung getätigte Aufwendungen auch dann zum Abzug gelangen müssen, wenn und soweit diese Aufwendungen auf in fremdem Eigentum stehende Wirtschaftsgüter erbracht werden (BFH, Beschl. v. 30.01.1995 – GrS 4/92 – BStBl II 1995, 281, unter C.III.). In diesen Fällen wird der Aufwand bilanztechnisch „wie ein materielles Wirtschaftsgut“ behandelt. Das bedeutet, dass die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für ein fremdes Gebäude als Posten für die Verteilung eigenen Aufwands zu aktivieren und nach den für Gebäude geltenden AfA-Regeln abzuschreiben sind (BFH, Beschl. v. 23.08.1999 – GrS 1/97 – BStBl II 1999, 778, unter C.I.2.b; BFH, Beschl. v. 23.08.1999 – GrS 5/97 – BStBl II 1999, 774, unter C.3.; zur Rechtsentwicklung: BFH, Urt. v. 09.03.2016 – X R 46/14 – BStBl II 2016, 976, unter II.1.; Anm. Fischer, jurisPR-SteuerR 4/2017 Anm. 2).
II. Problematisch war im Streitfall die Frage, ob der Kläger die Zins- und Tilgungsleistungen (mit)getragen hat. Die Vorinstanz hatte dies bejaht, weil es allein auf die tatsächliche Tragung der Zins- und Tilgungsleistungen ankomme, nicht aber auf die schuldrechtliche Verpflichtung dazu (ebenso Kulosa in: Schmidt, EStG, 36. Aufl., § 7 Rn. 91). Dem ist der BFH nun entgegengetreten. Dabei kann er an seine bisherige Rechtsprechung anknüpfen (BFH, Beschl. v. 23.08.1999 – GrS 2/97 – BStBl II 1999, 782, unter C.I.1.; BFH, Urt. v. 02.12.1999 – IX R 45/95 – BStBl II 2000, 310, unter 1.d). Danach gilt für die Zurechnung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die „aus einem Topf“ gezahlt werden, d.h. aus Guthaben, zu denen beide Eheleute beigetragen haben: Sind solche Aufwendungen der Immobilie eines Ehegatten zugeordnet, so sind sie, solange keine besonderen Abmachungen getroffen worden sind, in vollem Umfang als für Rechnung des Eigentümers aufgewendet anzusehen. Gleichgültig ist, aus wessen Mitteln das Guthaben auf dem Konto im Einzelfall stammt. Das gilt auch für Zins- und Tilgungsleistungen auf die Darlehensschuld.
III. Die Zahlungen vom Oder-Konto konnten dem Kläger auch nicht als Drittaufwand zugerechnet werden, weil keine Schuld des Klägers (sondern eine solche der Klägerin) getilgt wurde. Da die Aufwendungen für Rechnung der Klägerin geleistet wurden, kam auch eine Zurechnung der Anschaffungskosten auf den Kläger im Wege des abgekürzten Vertragsweges nicht in Betracht. Die Klägerin wollte dem Kläger durch die Zahlungen auf den von ihr abgeschlossenen Darlehensvertrag weder Geld noch die Anschaffungskosten der Praxisräume zuwenden. Dies ergab sich bereits daraus, dass sie eigene Einkünfte aus der Vermietung diese Räume an den Kläger erzielen wollte. Die Versagung der steuerlichen Anerkennung des Mietvertrags führt nicht zu einer Zurechnung der Anschaffungskosten über die Rechtsfigur des Drittaufwands.

D. Auswirkungen für die Praxis

I. Das Urteil stellt klar, dass das objektive Nettoprinzip bei der Zurechnung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Gebäuden nicht auf die „tatsächliche“ Tragung der Zins- und Tilgungsleistungen abstellt, sondern darauf, ob die Zahlungen zumindest auch auf eine eigene Schuld und auf eigene Rechnung des die Räume nutzenden Steuerpflichtigen erfolgt.
II. Für die Behandlung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines fremden Gebäudes „wie ein materielles Wirtschaftsgut“ ist ohne Bedeutung, ob die Nutzungsbefugnis des Steuerpflichtigen auf einem unentgeltlichen oder auf einem entgeltlichen Rechtsverhältnis beruht. Für den Abzug von AfA als Betriebsausgaben ist entscheidend, dass der Steuerpflichtige die Aufwendungen im eigenen betrieblichen Interesse selbst trägt und er das Wirtschaftsgut für betriebliche Zwecke nutzen darf (BFH, Urt. v. 25.02.2010 – IV R 2/07 – BStBl II 2010, 670, unter II.b). Es kommt auch nicht darauf an, ob dem Steuerpflichtigen ein Anspruch nach den §§ 951 i.V.m. 812 BGB oder andere zivilrechtliche Ersatzansprüche gegen den Grundstückseigentümer zustehen oder ob er von vornherein auf solche Ansprüche verzichtet hat (BFH, Urt. v. 25.02.2010 – IV R 2/07 – BStBl II 2010, 670, unter II.c).
III. Zu beachten ist, dass die beim Nichteigentümer-Ehegatten zur Verteilung von dessen eigenem Aufwand aktivierte Bilanzposition (Aufwandsverteilungsposten) zwar nach den für Gebäude geltenden AfA-Regeln abzuschreiben ist, allerdings nicht wie ein Gebäude Sitz stiller Reserven sein kann (BFH, Urt. v. 09.03.2016 – X R 46/14 – BStBl II 2016, 976, unter II.2.c). Ihm ist es deshalb auch verwehrt, Steuersubventionen, die für Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens, nicht aber für solche des Privatvermögens vorgesehen sind (z.B. erhöhte AfA-Sätze für Gebäude des Betriebsvermögens nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG), in Anspruch zu nehmen. Hingegen kommen Vorschriften, die unterschiedslos sowohl für Gebäude des Betriebsvermögens als auch für solche des Privatvermögens gelten (z.B. erhöhte Absetzungen nach §§ 7h, 7i EStG), auch für den Nichteigentümer-Ehegatten zur Anwendung (BFH, Urt. v. 09.03.2016 – X R 46/14 – BStBl II 2016, 976, unter II.2.c).