Ansbach/Berlin (DAV). Ein Heilpraktiker ist nicht verpflichtet, einen Patienten auf die Notwendigkeit einer schulmedizinischen Behandlung hinzuweisen, wenn sich dessen Gesundheitszustand während der Therapie verschlechtert. Das ist nur dann der Fall, wenn eine akute Gesundheitsgefährdung für den Patienten besteht. Darüber informiert die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mit Verweis auf eine Entscheidung des Amtsgerichts Ansbach vom 7. Juli 2015 (AZ: 2 C 1377/14).
Der Mann litt bereits seit Jahren an einer chronischen Darmentzündung. Nachdem ihm die schulmedizinische Therapie keine Besserung brachte, begab er sich 2012 in alternativmedizinische Behandlung. Die Heilpraktikerin wandte unter anderem Bioresonanz und Fußbäder an und führte regelmäßige heilpraktische Therapiesitzungen durch.
Der Mann behauptete, dass sich während der Behandlung sein Gesundheitszustand erkennbar rapide verschlechtert habe. Schließlich habe er sich in eine stationäre Notfallbehandlung begeben müssen. Die Heilpraktikerin habe ihm zuvor von einem Arztbesuch abgeraten. Der Mann klagte wegen einer behaupteten Falschbehandlung und forderte von der Frau Schmerzensgeld in Höhe von rund 5.000 Euro.
Ohne Erfolg. Die Heilpraktikerin habe keine Pflichtverletzung begangen, so das Gericht. Es sei unerheblich, ob sie die richtige naturheilpraktische Therapie gewählt habe. In der alternativen Medizin gebe es grundsätzlich keine Erfolgsnachweise, es handele sich vielmehr gerade um naturwissenschaftlich (noch) nicht fundierte und anerkannte Methoden. Es sei nicht nachweisbar, dass andere alternative Therapien mit Wahrscheinlichkeit seine Leiden gelindert hätten.
Ein Heilpraktiker dürfe davon ausgehen, dass ein Patient, der zu ihm komme, weil die schulmedizinische Behandlung erfolglos war, sich bewusst von der „Schulmedizin“ ab- und alternativen Behandlungen zuwende.
Darüber hinaus sei ein Heilpraktiker in einem Fall wie diesem nicht verpflichtet, auf eine schulmedizinische Behandlung hinzuweisen. Die Heilpraktikerin habe dem Patienten aufgrund seiner jahrelangen Leidensgeschichte entsprechende Kenntnisse über seine Erkrankung unterstellen dürfen. Er hätte also selbst erkennen können, dass eine schulmedizinische Behandlung erforderlich sei.
Anders verhielte es sich lediglich, wenn sich der Patient in einem erkennbar akuten Zustand einer erheblichen Gesundheitsgefährdung befinde, der eine umgehende schulmedizinische Behandlung erforderlich macht. Dass ein solcher Zustand vorgelegen hatte, bezweifelten die Richter jedoch aufgrund der Aussage des Sachverständigen und der Dokumentation der Praxisklinik, in die der Mann sich schließlich begeben hatte.
DAV, Pressemitteilung vom