Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 9. Juni 2011 – 6 AZR 132/10 –
Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 18. Dezember 2009 – 19/3 Sa 323/09 –
Der Kläger wurde von der beklagten Stadt befristet für die Zeit vom 1. April 2008 bis zum 31. Dezember 2011 eingestellt. Mit seinem Einverständnis wurde er einer von der Beklagten und der örtlichen Agentur für Arbeit gemäß § 44b SGB II zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende in der Rechtsform einer GmbH gebildeten gemeinsamen Einrichtung zugewiesen. Diese verfügte mit Ausnahme des Geschäftsführers über kein eigenes Personal. Der Geschäftsführer konnte den zugewiesenen Arbeitnehmern zwar fachliche Weisungen erteilen, hatte jedoch keine weitergehenden Kompetenzen im personellen und sozialen Bereich. Am 13. August 2008 fand bei der gemeinsamen Einrichtung eine Betriebsratswahl statt. Die Beklagte kündigte mit einem Schreiben vom 22. September 2008 nach Beteiligung der bei ihr gebildeten Personalvertretung, aber ohne Anhörung des neu gewählten Betriebsrats, ihr Arbeitsverhältnis mit dem Kläger innerhalb der vereinbarten Probezeit. Das Hessische Landesarbeitsgericht erklärte danach mit Beschluss vom 3. September 2009 die Betriebsratswahl für ungültig, ohne allerdings deren Nichtigkeit von Anfang an festzustellen. Mit seiner Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit der Kündigung geltend gemacht. Er hat gemeint, die Beklagte hätte den am 13. August 2008 gewählten Betriebsrat vor der Kündigung anhören müssen. Die Vorinstanzen sind dem gefolgt und haben der Klage stattgegeben.
Die Revision der Beklagten hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Die Kündigung der Beklagten vom 22. September 2008 ist nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam, weil sie ohne Anhörung des Betriebsrats erklärt wurde. Maßgebend ist, dass die Voraussetzungen für einen gemeinsamen Betrieb der Beklagten und der örtlichen Agentur für Arbeit nicht erfüllt waren und nicht die gemeinsame Einrichtung, sondern die Beklagte Arbeitgeberin des Klägers war. Nur sie war befugt, ihre arbeitsrechtlichen Beziehungen mit dem Kläger durch Kündigung zu beenden. Den nicht bei ihr gebildeten Betriebsrat musste sie vor der Kündigung nicht gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG anhören. Die bei ihr errichtete Personalvertretung hat sie vor der Kündigung ordnungsgemäß beteiligt.