Dienen Radarfallen der Verkehrssicherheit oder sind sie vor allem eine zusätzliche Einnahmequelle für Kommunen und Länder?

Das fragen sich viele Autofahrer, die an einer vielbefahrenen Ausfallstraße oder kurz hinter einem Temposchild geblitzt wurden. Hinzu kommt: Wegen personeller Engpässe in der Verwaltung nehmen immer häufiger private Dienstleister die Messung vor und verdienen an jedem Temposünder kräftig mit. Die Daten der Privaten sind vor Gericht jedoch nur unter bestimmten Bedingungen verwertbar. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des DAV (Deutscher Anwaltverein) e.V. empfiehlt, bei einem Bußgeldbescheid einen Verkehrsanwalt heranzuziehen. Oft kann dieser eine Strafe abwenden oder zumindest reduzieren.

Tempoüberwachung ist grundsätzlich Sache des Staates

Für Geschwindigkeitskontrollen sind grundsätzlich die Polizei sowie Städte und Kommunen zuständig. Der Staat hat jedoch die Möglichkeit, Privatfirmen an der Verkehrsüberwachung zu beteiligen. Wie weit darf der Einfluss der Privaten aber gehen? Das Gesetz verlangt eindeutig, dass die Verwaltungsbehörde jederzeit „Herrin des Verfahrens“ ist – der Staat also bestimmen muss, wann, wie und wo die Überwachung erfolgt. Der private Dienstleister darf zu keinem Zeitpunkt Einfluss auf diese Entscheidungen nehmen.

Geschwindigkeitskontrollen bergen viele Fehlerquellen

Viele Experten sehen mit Skepsis, dass Kommunen die grundsätzlich hoheitliche Aufgabe der Verkehrsüberwachung an private Dienstleister delegieren. Ein wesentlicher Kritikpunkt ist, dass die Privaten in der Regel an den Einnahmen beteiligt werden und somit direkt davon profitieren, wenn sie möglichst viele Temposünder erwischen. Hinzu kommt, dass den Unternehmen bei der Durchführung der Kontrollen oft viel Freiraum eingeräumt wird. In einigen Fällen betreiben die Hersteller der Messgeräte sogar selbst die Anlagen, sodass die Kommunen zwar zusätzliche Einnahmen, aber kaum Ausgaben haben. Hinzu kommt, dass fehlerhafte Messungen keine Seltenheit sind. Zwar müssen alle eingesetzten Messgeräte amtlich zugelassen und geeicht sein, dennoch kommt es beispielsweise vor, dass sich Fehler im Messprotokoll einschleichen oder der Toleranzabzug zu gering war. Es kann also sein, dass die Messergebnisse aus einem dieser Gründe gar nicht verwertbar sind.

Ein Verkehrsanwalt kann helfen, eine Strafe abzuwenden

Fehler bei der Geschwindigkeitsmessung selbst, aber auch bei der Umsetzung durch einen privaten Anbieter, sind keine Seltenheit. Für Autofahrer, die einen Bußgeldbescheid wegen überhöhter Geschwindigkeit erhalten, kann es sich daher lohnen, einen auf Verkehrsrecht spezialisierten Rechtsanwalt einzuschalten. Aufgrund seines Wissens und seiner Erfahrung ist er in der Lage, den Bescheid korrekt einzuschätzen und gegebenenfalls eine Strafe abzuwenden. Zudem hat nur ein Anwalt das Recht, Einsicht in die Bußgeldakte zu nehmen und so zu ersehen, ob der Geschwindigkeitsverstoß ordnungsgemäß festgestellt wurde. In vielen Fällen gelingt es ihm auf diese Weise, ein Bußgeld, Punkte in Flensburg oder gar ein Fahrverbot zu verhindern oder die Strafe zumindest zu reduzieren.

Die gängigsten Blitzer

Polizei und Kommunen haben verschiedene technische Möglichkeiten zur Tempokontrolle.

  1. Radaranlagen
    Diese Messgeräte senden Radarstrahlen aus, die vom Fahrzeug reflektiert werden. Bei Überschreiten der Messschwelle wird ein Fotoapparat ausgelöst. Die Polizei nutzt in der Regel mobile Geräte, während Kommunen häufig stationäre Anlagen verwenden.
  2. Videonachfahrsysteme
    Die Polizei kann das Tempo des vorausfahrenden Wagens auch anhand von Videoaufnahmen feststellen. Das Filmmaterial wird im Nachhinein ausgewertet, als Referenzwert gilt die Geschwindigkeit des Polizeiwagens.
  3. Lichtschranken
    Dieses Messsystem beruht auf drei hintereinander geschalteten Lichtschranken, die unterbrochen werden, sobald ein Fahrzeug hindurch fährt. Aus den drei Werten lässt sich die Geschwindigkeit des Fahrzeugs ermitteln.
  4. Induktionsschleifen
    Bei diesem System sind drei parallel verlaufende Sensoren im Fahrbahnbelag integriert. Überquert ein Fahrzeug sie, wird ein Druck ausgeübt und ein physikalischer Vorgang angestoßen. Dieser Induktionsstrom wird elektronisch erfasst. Aus dem Zeitunterschied zwischen mehreren Messungen wird die Geschwindigkeit errechnet.
  5. Lasermessgeräte
    Die sogenannten Laserpistolen senden eine Folge von Impulsen und empfangen den vom Fahrzeug reflektierten Anteil. Sie messen die Zeit bis zum Wiedereintreffen des Signals und errechnen so die Entfernung des Fahrzeugs. Aus deren Veränderung ergibt sich die Geschwindigkeit.

Wissenswertes rund um den Blitzer

  • Geräte oder Apps, die vor Radarkontrollen warnen, sind grundsätzlich erlaubt – verboten ist jedoch ihre Nutzung während der Fahrt. Wer mit einem Blitzerwarner oder einer laufenden Blitzer-App am Steuer erwischt wird, muss mit einem Bußgeld rechnen.
  • Radarscanner – also Geräte, die anhand von spezieller Sensorik Tempokontrollen aufspüren und den Fahrer vorwarnen – sind in jedem Fall verboten.
  • Entgegenkommende Autofahrer per Lichthupe vor Blitzern zu warnen, ist nicht erlaubt.
  • Oftmals stellen Polizei und Kommunen Blitzer an versteckten Stellen auf, zum Beispiel hinter Bäumen, Mülltonnen oder gar in Häusern – die Messung erfolgt dann durch das Fenster.
  • Wer einen Bußgeldbescheid wegen zu hoher Geschwindigkeit erhalten hat, obwohl er gar nicht am Steuer saß, kann den tatsächlichen Fahrer im Formular angeben.

Quelle: DAV-News vom 8.5.2017