Nachfolgend ein Beitrag vom 11.1.2017 von Langohr-Plato, jurisPR-ArbR 2/2017 Anm. 5

Leitsatz

Verpflichtet sich der Arbeitgeber bestimmte Beiträge in eine Versorgungsanwartschaft umzuwandeln, muss bereits bei der Umwandlung der Beiträge in eine Anwartschaft feststehen, welche Höhe die aus den Beiträgen resultierende Leistung im Versorgungsfall mindestens hat.

A. Problemstellung

Das BAG hatte im Zusammenhang mit einer sog. wertpapiergebundenen Zusage, bei der sich die Höhe der zugesagten Versorgungsleistung erst bei Eintritt des Versorgungsfalls aus dem dann tatsächlich vorhandenen Vermögen der Kapitalanlage ergibt, zu entscheiden, ob eine derartige Zusagengestaltung überhaupt vom Regelungsbereich des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) erfasst wird und welche inhaltlichen Anforderungen an ein solche Zusage ggf. zu stellen sind.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Das beklagte Unternehmen hatte seinen Mitarbeitern im Rahmen einer Gesamtbetriebsvereinbarung unmittelbare beitragsorientierte Pensionszusagen erteilt, nach denen ein Basisanspruch i.H.v. 0,4% der aufsummierten pensionsfähigen Bezüge aus der Zeit der Betriebszugehörigkeit gewährt wurde. Der Arbeitgeber führte für den Kläger vereinbarungsgemäß 5% der Summe aller pensionsfähigen Bezüge einem in Luxemburg aufgelegten Fonds zu. Aus dem Zinssaldo zwischen dem Ertrag des Fonds und den „Kosten“ der Rückstellung zzgl. Verwaltungskosten errechnete sich ein „Zuschlag“ zum Basisanspruch. Daraus ergab sich dann der sog. „korrigierte“ Basisanspruch des Mitarbeiters. Aufgrund des tatsächlich erzielten Kapitalanlageergebnisses war der korrigierte Basisanspruch zum 31.12.2012 um 368 Euro niedriger als der korrigierte Basisanspruch zum 31.12.2009.
Der Kläger hat mit seiner Klage die Feststellung begehrt, dass sein korrigierter Basisanspruch sich nicht rückläufig entwickeln dürfe, sodass weiterhin mindestens der Stand vom 31.12.2009 maßgeblich sei. Er habe eine geschützte Rechtsposition erworben, die eine Verringerung seiner korrigierten Basisansprüche ausschließe.
Die Klage war in allen Instanzen erfolglos. Nach Ansicht des BAG umfasste die in der Versorgungsordnung niedergelegte Versorgungsformel auch die Möglichkeit eines Absinkens des korrigierten Basisanspruchs.
In diesem Zusammenhang hat sich das BAG vor allem mit der Frage der Abgrenzung einer vom Betriebsrentengesetz nicht erfassten reinen Beitragszusage und einer beitragsorientierten Leistungszusage i.S.v. § 1 Abs. 2 Nr.1 BetrAVG auseinandergesetzt.
Nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG liegt betriebliche Altersversorgung auch vor, wenn der Arbeitgeber sich verpflichtet, bestimmte Beiträge in eine Anwartschaft auf Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung umzuwandeln (beitragsorientierte Leistungszusage). Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Definition der betrieblichen Altersversorgung in § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG liegt eine beitragsorientierte Leistungszusage dann vor, wenn einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt werden. Es muss also eine künftige Versorgungsleistung zugesagt sein, die ein im Betriebsrentengesetz angesprochenes biometrisches Risiko zumindest teilweise abdeckt.
Demgegenüber liegt eine reine Beitragszusage vor, wenn keine künftigen Versorgungsleistungen, sondern nur zusätzliche Zahlungen während des aktiven Arbeitslebens versprochen werden. Sie werden – vergleichbar mit vermögenswirksamen Leistungen – an den Arbeitnehmer oder Dritte ausgezahlt, wodurch der Arbeitnehmer Vermögen bildet oder Versorgungsanwartschaften erwirbt. Der Arbeitnehmer trägt dabei das volle Anlage- und Insolvenzrisiko.
Gemessen an diesen Abgrenzungskriterien hat das BAG vorliegend die dem Kläger erteilte Versorgungszusage zwar grundsätzlich als beitragsorientierte Leistungszusage qualifiziert, gleichzeitig aber auch auf inhaltliche „Defizite“ hingewiesen, aus denen sich Anforderungen an eine gesetzeskonforme Ausgestaltung derartiger Zusagen ergeben.
So liegt eine gesetzeskonforme beitragsorientierte Leistungszusage nur dann vor, wenn bereits zum Zeitpunkt der Beitragsumwandlung unmittelbar feststeht, welche Anwartschaft auf künftige Leistungen der Arbeitnehmer durch die Umwandlung der Beiträge erworben werden. Insoweit besteht nämlich ein direkter Zusammenhang zwischen dem Finanzierungsbeitrag und der Höhe der daraus resultierenden Leistung. Dieses Unmittelbarkeitserfordernis ist nach Ansicht des BAG (und entgegen der ganz herrschenden Literaturansicht) nur dann gewahrt, wenn die Regelungen der Versorgungsordnung sicherstellen, dass bereits bei der Umwandlung der Beiträge in eine Anwartschaft feststeht, welche Höhe die aus Beiträgen resultierende Leistung im Versorgungsfall mindestens hat. Dem Arbeitnehmer muss es nämlich möglich sein, für den Versorgungsfall zu planen, etwa indem er anderweitig Vorsorge trifft. Daher ist es mit § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG nicht zu vereinbaren, wenn das Anlagerisiko vollständig auf die Arbeitnehmer übertragen wird.
Dies ist aber dann der Fall, wenn – wie vorliegend – die Höhe der Versorgungsleistung(en) von der Rendite einer Kapitalanlage abhängt und damit erst bei Eintritt des Versorgungsfalls zu ermitteln ist. Dies gilt nach Ansicht des BAG selbst dann, wenn die Versorgungsordnung – wie vorliegend durch den zugesagten Basisanspruch – eine garantierte Mindestversorgung verspricht.
Die Konstruktion einer ertragsabhängigen Versorgung, die bei versicherungsförmiger Durchführung über eine Direktversicherung, eine Pensionskasse oder einen Pensionsfonds grundsätzlich zulässig ist, lässt sich nicht ohne weiteres auf die Pensionszusage übertragen. Jedenfalls gibt es keine allgemeine Zulässigkeit einer ertragsabhängigen Direktzusage.
Soweit auch nach der Rechtsprechung des Senats eine versicherungsgebundene Direktzusage für zulässig angesehen wird, deren Leistungen vollständig durch eine Rückdeckungsversicherung finanziert werden und die eine Beteiligung der Arbeitnehmer an den erzielten Überschüssen vorsieht, ist diese Billigung nur vor dem Hintergrund der „mittelbaren“ Versicherungsaufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erfolgt, die den Rückdeckungsversicherer ebenso überwacht wie die versicherungsförmigen Durchführungswege in der betrieblichen Altersversorgung. Diese Voraussetzung erfüllt aber der vom beklagten Arbeitgeber finanzierte Fonds in Luxemburg nicht.
Der somit nach Ansicht des BAG bestehende Mangel in Bezug auf die inhaltliche Gestaltung der beitragsorientierten Leistungszusage führt zu einer Verpflichtung des Arbeitgebers zur unmittelbaren Umwandlung eingezahlter Beiträge in feststehende Anwartschaften. Dies stellt einen anderen Streitgegenstand dar, als es nicht um die Festschreibung von zu einem bestimmten Stichtag erzielten und mitgeteilten Überschüssen geht. Insoweit war über einen solchen Anspruch nicht zu entscheiden.

C. Kontext der Entscheidung

Mit seiner Entscheidung betritt das BAG Neuland in der betriebsrentenrechtlichen Rechtsprechung. Zwar hat der Ruhegeldsenat bereits mehrfach entschieden, dass auch reine Beitragszusagen denkbar sind, die dann allerdings außerhalb des BetrAVG anzusiedeln wären. Mit dem vorliegenden Urteil nimmt der Senat aber erstmals zu den inhaltlichen Anforderungen an eine beitragsorientierte Leistungszusage Stellung und fordert dabei eine – wie auch immer zu bestimmende – Mindestleistung, die sich bereits bei Umwandlung der zugesagten Beiträge und damit bereits im Zeitpunkt der Zusageerteilung unmittelbar aus den zugesagten Beiträgen ableiten lassen und damit hinsichtlich ihrer Höhe feststehen muss.

D. Auswirkungen für die Praxis

Auch wenn das Urteil diverse Fragen unbeantwortet lässt, wie z.B. die genauen Anforderungen an die Umrechnung von Beitrag in Leistung oder die Abgrenzung der beitragsorientierten Leistungszusage zur Beitragszusage mit Mindestleistung, so enthält das Urteil gleichwohl eine deutliche Absage an solche Produkte, die zur Finanzierung einer beitragsorientierten Leistungszusage verwendet werden, wenn sie dem reinen Sparprinzip folgen, also auf das bei Eintritt der Versorgung vorhandene Kapital abstellen (sog. „Sparprinzip“) und nicht der deutschen Aufsicht unterliegen. Damit besteht insbesondere bei den sog. „wertpapiergebundenen Zusagen“, bei denen erst in Zukunft die Höhe der Versorgung bestimmbar ist, ein erhebliches Klagerisiko.
Demgegenüber dürften solche Modelle, die dem sog. „Versicherungsprinzip“ folgen, also kongruent rückgedeckte Pensionszusagen und kongruent rückgedeckte Unterstützungskassen gesetzeskonform sein, wenn aus dem gezahlten Beitrag bei Zusageerteilung eine garantierte Versicherungsleistung ermittelt und zugesagt wird.